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Berufsverbot für Lisa Poettinger zeugt von alten Feindbildern
Jana Frielinghaus über die Nichtzulassung einer Klimaaktivistin zum Lehramts-Referendariat in Bayern
Ist es wirklich niemandem peinlich gewesen, so etwas mit dem Adresskopf des bayerischen Kultusministeriums zu versenden? Die Begründungen, die das Münchner Schulressort zur Ablehnung der Klimaaktivistin Lisa Poettinger für den Vorbereitungsdienst für das Lehramt liefert, offenbaren eine geradezu bestürzende Unkenntnis des Grundgesetzes der Bundesrepublik einerseits und gesellschaftlicher Diskurse über Alternativen zu einem auf Profitmaximierung orientierten Kapitalismus andererseits. Stattdessen pflegt man dort einen Antikommunismus, der nie aus den Schützengräben des 35 Jahre vergangenen Kalten Krieges herausgekommen ist.
Fortbildung in Philosophie, Ökonomie oder katholischer Soziallehre brauchen die Ministerialbeamten nicht. Für den Schutz des Freistaats vor linken Umstürzlern reicht ihnen eine Anfrage beim Verfassungsschutz. Jener Behörde also, die jahrzehntelang rechten Terrorismus ignorierte und militante Neonazis zu bezahlten »Vertrauensleuten« machte, Schutz vor Strafverfolgung inklusive. Der Geheimdienst teilte dem Ministerium mit, der von Poettinger genutzte Begriff Profitmaximierung komme »aus dem Kommunismus«. Dies wie auch der Umstand, dass die 28-Jährige zum Klassenkampf aufrufe, sei mit dem im Staatsdienst erforderlichen »Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung« nicht vereinbar. Denn das stehe »synonym für die Forderung nach Abschaffung des Kapitalismus, womit die Abschaffung der Demokratie verbunden« sei.
Das wäre zum Totlachen, wenn es nicht Repression und massive Behinderung der beruflichen Entwicklung nach einem harten Studium bedeuten würde, nicht nur im Fall Poettinger. Einen Trost gibt es: In Zeiten des Fachkräftemangels haben sie und andere Betroffene gute Chancen, außerhalb Bayerns in den Job zu starten.
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