- Politik
- Assoziationsrat in Brüssel
EU trifft israelischen Außenminister
Brüsseler Erklärung kritisiert Jerusalem für Politik in Gaza und Westjordanland
In Brüssel haben die EU-Außenminister am Montag ihren israelischen Amtskollegen Gideon Sa’ar getroffen. Die nicht-öffentliche Sitzung erfolgte im Rahmen des EU-Israel-Assoziierungsabkommens, auf der Tagesordnung standen Menschenrechtsverpflichtungen. Von deren Einhaltung hängen Verträge und Vereinbarungen mit der Regierung in Jerusalem ab. Spanien und Irland hatten im vergangenen Sommer eine Neubewertung des 1995 geschlossenen Assoziierungsabkommens gefordert, ruderten dazu aber offenbar zurück.
Der von EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas mit geleitete Assoziationsrat fand vor dem Hintergrund des fragilen Waffenstillstands in Gaza statt. Die EU will eine zentrale Rolle beim Wiederaufbau spielen und hat dazu jüngst eine pausierte Grenzmission am Rafah-Übergang zu Ägypten neu gestartet.
Ein weiteres Thema war Israels Verbot für Tätigkeiten des UN-Hilfswerks UNRWA. Die EU fordert in einer Abschlusserklärung uneingeschränkten humanitären Zugang und eine wirksame Hilfsverteilung für die Organisation. Zudem müsse Israel eine »würdevolle Rückkehr« Vertriebener ermöglichen. Nach palästinensischen Angaben müssen nach Israels Vergeltungsoffensive nach dem 7. Oktober 2023 Hunderttausende in Behelfsunterkünften leben.
Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.
Die EU-Staaten pochen außerdem auf die Umsetzung von Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs und des Strafgerichtshofs (IStGH). Die von Deutschland mitgetragene Erklärung steht damit im Kontrast zur Ankündigung des designierten Kanzlers Friedrich Merz (CDU) vom Montag, bald Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Deutschland einzuladen – trotz eines internationalen Haftbefehls durch den IStGH.
»Wir haben immer ein offenes Ohr und sind offen für den Dialog, aber niemand wird uns zwingen, unser Volk zu gefährden«, sagte Israels Außenminister in Brüssel. Israel sei ein Gewinn für Europa, strategisch, wirtschaftlich, technologisch, im Bereich der Energie. Außerdem leiste das Land einen direkten Beitrag zur Sicherheit Europas in den Bereichen Aufklärung, Terrorismusprävention und Sicherheitskooperation.
Auf dem Treffen bekräftigte die EU auch ihre Ablehnung von Israels Politik im Westjordanland. Annexionen verstießen gegen Völkerrecht, die Gewalt extremistischer Siedler werde »auf das Schärfste« verurteilt. Die EU führt dazu neun Personen und fünf Organisationen auf einer Sanktionsliste.
Menschenrechtsorganisationen kritisierten die EU-Staaten vor dem Treffen scharf. Human Rights Watch forderte, Israels Kriegsverbrechen klar zu verurteilen und keine Waffen zu liefern. Mit 125 NGOs drängt die Organisation auf Aussetzung des Assoziierungsabkommens, Sanktionen gegen israelische Kriegsverantwortliche und ein Handelsverbot für Waren aus illegalen Siedlungen – die EU will aber nur an deren Kennzeichnung festhalten.
Wie sehr Israel die Kritik geringschätzt, zeigte sich ebenfalls am Montag. Die irische Abgeordnete Lynn Boylan und die französisch-palästinensische Rima Hassan – beide Teil der Linksfraktion im EU-Parlament und bekannt für ihre Kritik an der israelischen Politik – wurden am Flughafen Ben Gurion abgefangen und zurückgeschickt. Vier weitere Abgeordnete, die wie Hassan und Boylan Teil einer EU-Palästina-Delegation gewesen sind, durften einreisen.
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.