- Politik
- Boxer aus der Ukraine
Oleksandr Usyk: Dr. Faust
Der ukrainische Boxer Oleksandr Usyk hat einen zweifelhaften Doktortitel erhalten
Oleksandr Usyk hat sich durchgeboxt bis an die Spitze. Geboren und aufgewachsen auf der Krim, hat der heute 38-Jährige früh seine Liebe zum Sport entdeckt. Erst auf dem Fußballplatz, und als das Geld für die Ausrüstung nicht reichte, zog es Usyk in die Boxhalle. Mit Erfolg. Dank seiner hervorragenden Beinarbeit und einem knallharten rechten Haken wurde Usyk Olypiasieger in London 2012. Auch als Profi stieg Usyk in allen seinen 23 Kämpfen als Sieger aus dem Ring, legte dabei seine Gegner 14 Mal auf die Bretter, ist Weltmeister von vier Verbänden und kämpfte schon mal als gläubiger Christ für seinen Gott, wie er selbst sagte.
Nachdem Russland 2014 die Krim annektierte, verließ Usyk die Halbinsel, ohne jedoch Groll gegen Russen im allgemeinen zu hegen, die er immer noch als slawische Brüder bezeichnete. Das reichte, um auf der Abschussliste ukrainischer Nationalisten zu landen. Im Frühjahr 2022 griff Usyk für kurze Zeit zur Waffe, um Kiew gegen eine russische Invasion zu schützen, tauschte nach einen Monat Tarnanzug wieder gegen Shorts, um die Karriere fortzsetzen. Die steht nun vor dem Ende und Usyk hat auf der Suche nach dem Sinn des Lebens nach dem Sport die Wissenschaft für sich entdeckt.
In Charkiw verteidigte er seine Dissertation über internationale Zusammenarbeit im Sport. Sein Opponent dabei: ein Kickboxtrainer. Doch der schwerste Gegner schien an diesem Tag die ukrainische Sprache zu sein. Usyk, so zeigt ein Video, kann kaum einen Satz, teilweise nicht einmal einzelne Worte seiner eigenen Arbeit lesen. Schnell kam der Verdacht auf, der Boxer könnte sich seinen Doktortitel erkauft haben. Plagiatsjäger warfen ihm vor, die ukrainische Wissenschaft für einen weiteren Titel in seinem Leben zu missbrauchen. Oder in der Sportlersprache: Punktsieg für die Korruption, krachende Niederlage für die ukrainische Wissenschaft
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.