Ab in die neue Energie-Abhängigkeit

Die EU-Ankündigungen im Zollkonflikt mit den USA sind sinnlos

Das Spezialschiff »Excelsior« am Tiefwasserhafen von Wilhelmshaven. Auf ihm kann verflüssigtes Erdgas nach Tankertransporten wieder in den gasförmigen Zustand umgewandelt werden.
Das Spezialschiff »Excelsior« am Tiefwasserhafen von Wilhelmshaven. Auf ihm kann verflüssigtes Erdgas nach Tankertransporten wieder in den gasförmigen Zustand umgewandelt werden.

Milliardenschwere Käufe von Flüssigerdgas (LNG) und Agrarprodukten verspricht EU-Handelskommissar Maros Sefcovic der mit Strafzöllen drohenden US-Regierung. Dies soll wohl vor allem den von Stimmungsschwankungen geleiteten Präsidenten Donald Trump besänftigen, damit er nicht ernst macht mit allen seinen Strafzollandrohungen.

Doch die Äußerungen von Sefcovic sind auch nach innen gerichtet. Anders als früher, als Männerfreundschaften mächtiger Politiker riesige Energiedeals nach sich zogen, gibt es in der EU höchst unterschiedliche Positionen in dieser Frage. Die Staaten sind uneins, und das Europaparlament wird hier kaum mitziehen. Nur der deutschen Regierung dürfte das Vorhaben zupass kommen, denn es gibt hierzulande eine anhaltende Kontroverse darüber, ob die LNG-Importinfrastruktur nicht völlig überdimensioniert ist und mehrere Terminals stillgelegt werden sollten. Eine Tankerflotte aus den USA könnte deren Rettung sein.

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Aus mehreren Gründen weist der Sefcovic-Vorstoß den falschen Weg. Einerseits muss der Erdgasverbrauch mit Blick auf die Energiewende drastisch reduziert werden. Und gerade LNG ist besonders treibhausgasintensiv. Und so müssten die Klimaziele zusätzlichen Importen den Garaus machen. Andererseits hat sich die EU in Folge von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg die Diversifizierung im Außenhandelsbereich auf die Fahnen geschrieben. Die Abhängigkeit von einem Großlieferanten kann für massive Verwerfungen sorgen, auch mit Blick auf die Preise. Und Norwegen als aktuelle Nummer 1 beim Gasimport ist ein mit Sicherheit verlässlicherer Partner als die USA unter Trump – ganz zu schweigen davon, dass Pipelinegas aus Skandinavien eine bessere Klimabilanz hat.

Wenn manche EU-Politiker aus Handelsopportunismus »Ab in die neue Energie-Abhängigkeit« propagieren, ist dies der völlig falsche Weg. Und vermutlich wäre er nicht mal realisierbar. Schon jetzt kommt fast die Hälfte der LNG-Einfuhren der EU aus den USA. Ob diese überhaupt in der Lage wären, deutlich mehr zu liefern, ist unwahrscheinlich. Und EU-Länder haben bereits Deals mit anderen dubiosen Lieferanten wie Katar geschlossen. Zudem soll in absehbarer Zeit von Erdgas auf – wenn möglich grünen – Wasserstoff umgestiegen werden. Doch gerade hierbei haben die USA wenig zu bieten. Übrigens ausgerechnet in Kontrast zu Trumps verhasstem Nachbarn: Kanada.

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