IAEO: Unglückliches Agieren

Cyrus Salimi-Asl über das Vorgehen des IAEO-Chefs im Israel-Iran-Konflikt

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 3 Min.
Rafael Grossi, Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), vor Beginn einer Sondersitzung des IAEA-Gouverneursrates zu Angriffen auf das Atomprogramm des Iran
Rafael Grossi, Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), vor Beginn einer Sondersitzung des IAEA-Gouverneursrates zu Angriffen auf das Atomprogramm des Iran

Jetzt, wo der Krieg schon läuft, werden einige europäische Regierungen aktiv, um mit dem Iran einen diplomatischen Ausweg aus der Krise zu suchen. Das kommt zu spät, und nur weil das iranische Regime sich in der Defensive sieht, geht es auf das Gesprächsangebot überhaupt ein. Das vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Aussicht gestellte »umfassende Verhandlungsangebot« dürfte jedoch in entscheidenden Punkten von der US-Regierung diktiert worden sein. Insbesondere bei der Frage, ob der Iran überhaupt die Urananreicherung weiter betreiben darf, dann selbstredend auf niedrigem, für militärische Zwecke ungenügendem Niveau, fordern die USA ein generelles Verbot. Der deutsche Außenminister übernimmt diese Forderung. Das will die Regierung in Teheran aber bekanntermaßen nicht akzeptieren, pocht auf ihr Recht einer zivilen Nutzung, dem auch der Atomwaffensperrvertrag nicht entgegensteht.

Solch eine Forderung liefe also logischerweise darauf hinaus, den Iran zu einem »Nein« zu provozieren und damit Israel Gründe zu liefern, weiter bombardieren zu können. Frankreich, Großbritannien und Deutschland sind auch die drei Länder, die gemeinsam mit den USA darauf gedrängt haben, am 12. Juni eine Resolution des Gouverneursrats der Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) zu verabschieden, die den Iran wegen Verstößen gegen den Atomwaffensperrvertrag verurteilt. Die Resolution, die erste dieser Art seit 20 Jahren, stützt sich dabei auf einen wenige Tage zuvor veröffentlichten IAEA-Bericht. Am Tag darauf erfolgte der Angriff Israels.

Die IAEA und ihr Chef Rafael Grossi haben eine unglückliche Rolle gespielt in den Tagen vor den israelischen Angriffen auf den Iran. Die iranische Regierung nimmt nun Grossis Vorgehen aufs Korn. Der hat in den vergangenen Tagen in Interviews mit großen TV-Sendern explizit erklärt, die IAEA habe keine Hinweise darauf, dass der Iran systematisch an einer Atombombe bastele. »Das kommt zu spät, Herr Grossi: Sie haben diese Wahrheit in Ihrem absolut voreingenommenen Bericht verschleiert«, reagierte darauf der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Esmail Baqaei, auf seinem offiziellen X-Account.

Außer der Verurteilung der dokumentierten Verstöße des Irans gegen Bestimmungen aus dem Atomwaffensperrvertrag wäre es wichtig gewesen, dass der IAEA-Chef der Weltöffentlichkeit sehr deutlich zu verstehen gibt, dass seiner Behörde keine Belege für den Bau einer Atombombe vorliegen. Für die israelische Regierung bot sich so eine willkommene Chance, den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg legitim erscheinen zu lassen.

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