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Der Trump-Effekt: Wahl-Debakel für Australiens Konservative
Amtsinhaber Anthony Albanese kriegt 2. Amtszeit – als erster Premier seit 20 Jahren
In Australien hat die sozialdemokratische Labor Party von Premier Anthony Albanese die Parlamentswahl gewonnen. Am Tag nach dem Votum waren zwar weiterhin nicht alle Stimmen ausgezählt – jedoch ist bereits klar, dass Labor die absolute Mehrheit von 76 Stimmen im 150-köpfigen Unterhaus ganz deutlich überschritten hat. Zuletzt habe die Partei vor 80 Jahren mit so großem Vorsprung regiert, berichtete der australische Sender ABC.
Die konservative Koalition aus Liberalen und Nationalen erlebte hingegen eine krachende Niederlage und fuhr eines der schlechtesten Ergebnisse ihrer Geschichte ein: Sie kommt verschiedenen Berechnungen zufolge bislang kaum auf 40 Sitze. Andere kleine Parteien und unabhängige Kandidaten erhielten bis zum Sonntagnachmittag (Ortszeit) etwa ein Dutzend Mandate.
Herausforderer Dutton verliert Mandat
Albaneses Herausforderer Peter Dutton (54) verlor sogar überraschend sein eigenes Mandat in Dickson in Queensland, das er seit mehr als 20 Jahren innehatte. Im Land sind bereits Spekulationen darüber entbrannt, wer seine Nachfolge als Parteichef der Liberal Party antreten wird.
Australische Medien gingen hart mit dem Verlierer ins Gericht. »Duttons Niederlage in seinem eigenen Wahlkreis Dickson war sinnbildlich für eine desaströse Nacht für seine Koalition«, kommentierte der Sender 9News. Dutton habe gehofft, ein Kapitel Geschichte zu schreiben. »Am Ende blieb er eine Fußnote.«
Albanese ist nun der erste Regierungschef seit mehr als 20 Jahren, der eine zweite Amtszeit antreten darf. »Thank you, Australia«, schrieb der 62-jährige auf der Plattform X. Australien habe sich in einer Zeit globaler Unsicherheit für Optimismus und Entschlossenheit entschieden, hatte er am Samstagabend in seiner bejubelten Siegesrede betont. Am Sonntag wurde er in seinem Wahlkreis in Sydney von Anhängern gefeiert.
Vergleiche mit Wahl in Kanada
In Kommentaren zogen australische Medien Vergleiche zum Wahlausgang in Kanada, wo die Konservativen vor wenigen Tagen aus ähnlichen Gründen wie in Australien eine Niederlage eingefahren hatten. Dutton, der in Umfragen bis Februar noch geführt hatte, war im Wahlkampf eine zu große Nähe zur Politik von US-Präsident Donald Trump nachgesagt worden – ebenso wie zuvor dem Chef der kanadischen Konservativen, Pierre Poilievre. Dieser hatte ebenfalls seinen eigenen Parlamentssitz verloren.
»Die Parallelen zwischen den beiden Ländern, beide enge Verbündete der USA, sind unverkennbar«, schrieb die Zeitung »Sydney Morning Herald«. »Trumps radikale und in vielerlei Hinsicht beängstigende Rückkehr ins Amt hat den Mitte-Links-Parteien neues Leben eingehaucht und sich für konservative Politiker zu einer Sprengladung entwickelt.«
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Dutton betonte, er übernehme die volle Verantwortung für das Wahldebakel. »Wir haben keinen guten Wahlkampf gemacht, das ist heute Abend offensichtlich«, sagte er vor enttäuschten Parteimitgliedern.
Auch der Sender ABC monierte den »chaotischen Wahlkampf« der Konservativen. Dutton habe zu lange den Fokus auf nationale Sicherheit, Verteidigung und Grenzschutz gelegt. »Das machte ihn möglicherweise blind für die Notwendigkeit, sich ernsthaft mit der Wirtschaftspolitik zu befassen.« Denn zentrales Thema für die Bevölkerung waren bei dieser Wahl die hohen Lebenshaltungskosten und der Mangel an bezahlbarem Wohnraum.
Zur Stärkung eine »Democracy Sausage«
Der Andrang in den Wahllokalen war derweil am Samstag den ganzen Tag über groß, wobei in Australien eine Wahlpflicht gilt. So mancher ging gleich vom Strand noch in Badehose ins Wahllokal – in typisch lockerer »Aussie«-Manier.
Vor vielen Wahllokalen konnten sich die Menschen nach der Stimmabgabe mit einer Demokratiewurst stärken. »Democracy Sausages« haben in Down Under bei Wahlen eine lange Tradition und sind eine Art Nationalsymbol, wie Koalas oder Sydneys Opernhaus. Es handelt sich um eine Bratwurst im Brötchen, wahlweise mit Zwiebeln und Ketchup. Die Erlöse gehen an wohltätige Zwecke.
Die Tradition ist mittlerweile weit über die Grenzen von Down Under hinaus beliebt – sogar in eiskalten Gefilden: Auch auf der australischen Forschungsstation Casey Station in der Antarktis sollte es für die Wissenschaftler nach der telefonischen Stimmabgabe Demokratiewürstchen geben. dpa/nd
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