30 Polizisten stürmen Quäker-Teestunde zu Gaza und Klima

Sechs junge Aktivistinnen bei Großeinsatz festgenommen

Protest von Youth Demand vor einem Jahr in London. Die Gruppe protestiert auch gegen den Gaza-Krieg.
Protest von Youth Demand vor einem Jahr in London. Die Gruppe protestiert auch gegen den Gaza-Krieg.

Ein friedliches Treffen sechs junger Frauen in einem Quäker-Gemeindehaus in London endete vor einigen Wochen mit einem drastischen Polizeieinsatz, der nun heftige Kritik nach sich zieht. Die Aktivistinnen hatten sich laut dem »Guardian« bei Jasmin-Tee und Keksen versammelt, um über die Klimakrise und den Gaza-Krieg zu diskutieren, als plötzlich etwa 30 Polizeibeamt*innen, teilweise mit Tasern ausgerüstet, die Tür des denkmalgeschützten Gebäudes aufbrachen und alle Anwesenden festnahmen.

Die jungen Frauen wurden unter dem Verdacht festgenommen, eine »Verschwörung zur Verursachung einer öffentlichen Störung« zu planen. Auch die 18-jährige Zahra Ali verbrachte daraufhin 17 Stunden in einer Zelle. »Wir waren nur eine Gruppe junger Menschen, die über unsere Regierung und Proteste sprachen, und dafür wurden wir verhaftet«, sagt Ali. »Hätten sie geklingelt, hätten wir sie wohl reingelassen.«

Für die 20-jährige Politik- und Sprachstudentin Lia-Anjali Lazarus am University College London – eine der renommiertesten und ältesten Universitäten im Vereinigten Königreich – war der Einsatz ein zutiefst belastendes Erlebnis. Die Beamt*innen beschlagnahmten nicht nur ihr Handy und ihren Laptop, sondern auch ihr Tagebuch, ihre Oyster-Karte und sogar ihr französisches Grammatikbuch. Lazarus bezeichnete das überzogene Vorgehen der Polizei als eine Form der »Gedankenpolizei« und verwies auf ähnliche Festnahmen von Just-Stop-Oil-Aktivist*innen bei einer Suppenküche in einem Gemeindezentrum im vergangenen Jahr.

Die nun Betroffenen gehören der Protestgruppe »Youth Demand« an, die im vergangenen Monat mehrere Demonstrationen und Straßenblockaden in London organisiert hatte. Die Gruppe, die wegen Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen im Gaza-Krieg ein Handelsembargo gegen Israel fordert, hatte online angekündigt, »London lahmzulegen«.

Paul Parker, leitender Schriftführer der Quäker in Großbritannien, erklärte, dass noch nie jemand in einem Quäker-Gemeindehaus verhaftet worden sei. Mal Woolford, ein Ältester der Westminster Quäker-Gemeinde, bezeichnete den Polizeieinsatz als »lächerlich übertrieben«. Demnach schien die Polizei vor allem auf einen Überraschungseffekt gesetzt zu haben. »Der ermittelnde Beamte sagte: ›Wir haben Informationen, dass dieses Treffen stattfindet und dass sie Straftaten planen.‹ Ich fragte mich, welche Informationen das sein könnten. Später wurde mir klar, dass alles auf der [Youth Demand] Website steht. Das sind keine geheimen Erkenntnisse, sondern einfach öffentlich zugängliche Informationen«, sagte Wollford.

Die Grünen-Politikerin Jenny Jones, die wegen des Vorfalls an einer Mahnwache vor Scotland Yard teilnahm, nannte das Vorgehen der Polizei »absolut empörend«. Die Ko-Vorsitzende der Grünen Partei, Carla Denyer, die sich selbst als atheistische Quäkerin bezeichnet, warnte vor einem gefährlichen Präzedenzfall. »Es geht um eine zunehmende Unterdrückung des Rechts auf friedlichen Protest in diesem Land«, sagte die Abgeordnete.

Ein Sprecher der Metropolitan Police verteidigte den Einsatz. Die Polizei erkenne demnach die Bedeutung des Demonstrationsrechts grundsätzlich an, habe aber die Verantwortung »einzugreifen, um Aktivitäten zu verhindern, die von Protest zu ernsthaften Störungen und anderen Straftaten übergehen«.

Die Grünen-Ko-Vorsitzende Denyer warnte jedoch: »Wie viele, die sich mit der britischen Geschichte und der Geschichte der Quäker auskennen, inzwischen angemerkt haben: Wenn sich die Regierung die Quäker vornimmt, weiß man, dass es ernst wird.«

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.