Starlink wird für Kuba zum Problem

Die Nutzung des Satelliteninternets verletzt die von Havanna erlassenen Vorschriften

  • Andreas Knobloch, Havanna
  • Lesedauer: 4 Min.
Die von der kubanischen Etecsa angebotenen Internetzugänge sind deutlich langsamer als der Satellitendienst Starlink.
Die von der kubanischen Etecsa angebotenen Internetzugänge sind deutlich langsamer als der Satellitendienst Starlink.

Ein rechteckiger, weißer Kasten, nur unwesentlich größer und dicker als ein Laptop, liegt unscheinbar auf einer großen Terrasse, von der man über die Dächer Havannas blickt. Die über ein Stromkabel mit einer Steckdose verbundene Parabolantenne gehört zu Starlink, dem Satelliteninternet des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX von Milliardär Elon Musk. Über eine Konstellation von Tausenden Satelliten in niedriger Erdumlaufbahn ermöglicht Starlink eine schnellere Kommunikation im Vergleich zu herkömmlichen Satellitensystemen.

»Seit einigen Monaten habe ich nun superschnelles Internet und kann endlich ruckelfrei Serien und Filme streamen oder Fußball schauen«, sagt Erik, der Besitzer der Antenne, ein in Kuba wohnhafter Ausländer. Seinen Starlink-Account hat er im Ausland aktiviert und die Antenne im Handgepäck nach Kuba gebracht. Seinen richtigen Namen will er nicht in der Zeitung lesen, denn Einfuhr und Nutzung von Starlink sind in Kuba illegal.

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Schlechte Netzinfrastruktur in Kuba

Dass Leute wie Erik auf Starlink setzen, hängt mit der schlechten Netzinfrastruktur Kubas zusammen. Trotz aller Anstrengungen der staatlichen Telekommunikationsgesellschaft Etecsa kommt es immer wieder zu Störungen des Internetzugangs. In den sozialen Netzwerken machen Nutzer*innen ihrem Unmut über die langsamen Verbindungen Luft. Die wachsende Nachfrage nach Internetdiensten habe zu einer stärkeren Belastung der bestehenden Infrastruktur geführt, heißt es von offizieller Seite.

Überdies verfügt die große Mehrheit der Funkstationen nicht über ein Energie-Backup, sie fallen also während der häufigen Stromabschaltungen aus und »die wenigen, die noch funktionieren, sind aufgrund der hohen Nachfrage überlastet«, so Etecsa. Wegen fehlender Deviseneinnahmen müssen zudem geplante Investitionen verschoben werden. Angesichts dessen bietet Starlink eine Alternative. Und während das Etecsa-Internet mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich drei Mbit pro Sekunde arbeitet, sind es bei Starlink zwischen 100 und 400 Mbit.

Etecsa macht derweil nicht genehmigte Router und Antennen für die Probleme des Netzes auf Kuba mitverantwortlich. Externe Störungen des Mobilfunknetzes würden »durch illegale Antennen und nicht zertifizierte Geräte verursacht«, so das Unternehmen, ohne Starlink beim Namen zu nennen. »Vermutlich soll die Bevölkerung sensibilisiert werden, damit sie die Antennen meldet«, sagt einer ihrer für diese Geschichte interviewten Nutzer. Gleichzeitig verschärft die kubanische Regierung in den staatlichen Medien ihre Kampagne gegen die Nutzung des Dienstes.

Musks Satelliteninternet ist politisch brisant

Das Satelliteninternet von Elon Musk ist in Kuba nicht zuletzt aus politischen Gründen ein brisantes Thema. Vor allem rechtsgerichtete Politiker in den USA fordern von Musk schon länger, Starlink für Kuba freizuschalten, um das Internetmonopol der Regierung in Havanna anzugreifen. Mitte November postete die republikanische Kongressabgeordnete María Elvira Salazar in ihren sozialen Netzwerken ein Foto mit Musk und schrieb dazu: »Es war großartig, heute morgen mit @elonmusk über die Anbindung Kubas zu sprechen. Wir haben die Technologie, wir brauchen nur den Willen.«

Bereits im Sommer 2021, kurz nach den landesweiten Straßenprotesten auf der Insel, hatte Salazar dem US-Kongress die »Operation Starfall« vorgestellt, ein Projekt zur Bereitstellung von Satelliteninternet. Für Havanna berührt der Einsatz von Starlink also Fragen der nationalen Sicherheit. »Donald Trump und Elon Musk (…) arbeiten auf zwei Arten gegen die Insel zusammen. Durch die Verschärfung und Ausweitung der Wirtschaftssanktionen und den Einsatz von Satelliten oder elektronischen Geräten zur Destabilisierung des Landes«, heißt es in einem Meinungsartikel des staatlichen Onlineportals Cubadebate.

Der Betrieb von Starlink ohne Frequenzkoordinierung oder Genehmigung durch kubanische Behörden verletze die Souveränität des Landes, so Carlos Prieto de la Lastra, Generaldirektor der zum Kommunikationsministerium gehörenden Netzagentur, gegenüber der Presse. Daher sei auch die Einfuhr von Starlink-Endgeräten, -Teilen und -Komponenten nicht gestattet, so der Beamte.

Im April hat der kubanische Zoll am Flughafen von Havanna öffentlichkeitswirksam mindestens zwei Versuche gestoppt, Dutzende Starlink-Antennen aus den USA unangemeldet nach Kuba einzuführen. Trotzdem finden die Geräte immer wieder ihren Weg auf die Insel – in der Regel im Gepäck von Reisenden.

Obwohl auf der Starlink-Website als nicht abgedecktes Gebiet ausgewiesen, funktioniert der Dienst auf der Insel. Die Geräte müssen in einem anderen Land aktiviert werden, bevor sie auf Kuba verwendet werden können. Gehandelt werden die Starlink-Mini-Kits, die in Deutschland um die 300 Euro kosten, in Revolico, einer Art kubanischem Ebay, für 1250 bis 1700 US-Dollar. Angesichts solcher Preise sind es vor allem besser betuchte Kubaner*innen oder auf der Insel lebende Ausländer*innen, die sich ein solches Gerät leisten. Ein Massenphänomen ist es nicht. Auch das eine oder andere private Hotel bietet seinen Gästen ultraschnelles Internet per Starlink – heimlich natürlich.

Die Regierung droht derweil mit Beschlagnahmungen und sogar Haftstrafen für diejenigen, die illegal importierte Antennen und Signalverstärker verwenden. Erik überlegt nun, die Starlink-Antenne auf seinem Dach in eine schwarze Plastiktüte zu packen und sie so vor den neugierigen Blicken der Nachbarn umliegender Häuser zu schützen. Sicher ist sicher.

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