Querfront für nationalen Frieden

In Berlin demonstrierten Akteure von »Die Basis« und anderen Gruppen für »Frieden, Freiheit, Volksabstimmung«

  • Ralf Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
Neben Friedensfahnen dominierten auf der Demo am Samstag in Berlin Deutschlandflaggen, häufig mit der zweckentfremdeten Parole der Proteste gegen die SED in der DDR 1989 versehen.
Neben Friedensfahnen dominierten auf der Demo am Samstag in Berlin Deutschlandflaggen, häufig mit der zweckentfremdeten Parole der Proteste gegen die SED in der DDR 1989 versehen.

Vor dem Brandenburger Tor versammelten sich am Samstagmittag Hunderte Menschen unter dem Motto »Frieden, Freiheit, Volksabstimmung«. Aufgerufen hatte ein breites Bündnis aus dem Querdenker-Milieu, organisiert wurde die Demonstration von der Initiative »Deutschland steht auf«. Im Vorfeld hatte es Irritationen über die aufrufenden Organisationen gegeben. So wehrte sich das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) gegen die öffentliche Nennung als Unterstützer. Auch der als Redner angekündigte ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und derzeitige Parteichef der rechten Kleinstpartei Werte-Union, Hans-Georg Maaßen, erklärte im Vorfeld er werde nicht wie von den Veranstaltern angekündigt auf der Bühne sprechen.

Statt der angemeldeten 10 000 folgten nur 800 bis 1000 Personen dem Aufruf. Die Stadtmitte bevölkerten stattdessen die Schlachtenbummler der beiden Pokalfinalisten VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld. Bewaffnet mit allerhand Fahnen und Kameras versammelten sich die Kundgebungsteilnehmer auf der westlichen Seite des Brandenburger Tors. Neben den Fahnen der Partei Die Basis wehten auch jene der AfD sowie der rechtsextremen Partei »Die Heimat« gemeinsam im Wind, vor allem aber Hunderte Deutschlandfahnen.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links

nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Im Publikum: vor allem ältere Menschen, aber auch sehr junge, unter letzteren offenkundig organisierte Rechtsextremisten, die etwa T-Shirts mit Aufschriften wie »Kampfgemeinschaft – Junge Nationalisten« oder Totenkopf-Tattoos trugen. Sichtlich gelangweilt verfolgten sie die langatmigen Redebeiträge. Die aufgebauten Stände boten ebenfalls nur wenig Grund zum Verweilen. Neben dem rechtsextremen Compact-Magazin waren die Werte-Union und die AfD vertreten.

In den Redebeiträgen wurden einmal mehr die Maßnahmen der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie scharf kritisiert. So erklärte der Hauptredner und Finanzier der Kundgebung, Winfried Stöcker, der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe 2021 dafür gesorgt, dass der vom ihm, Stöcker, entwickelte Impfstoff nicht zugelassen wurde. Damals hatte der Lübecker Unternehmer illegal sein Corona-Vakzin angeboten. Stöcker, der als Großspender der AfD mit 1,5 Millionen Euro die größte Einzelspende in der Geschichte der Partei hat zukommen lassen, befand, Spahn gehöre ins Gefängnis.

In beinahe allen Redebeiträgen wurden Verschwörungstheorien unterschiedlichster Art verbreitet. Hauptthema dabei waren – entgegen dem Motto der Manifestation, »Frieden, Freiheit, Volksabstimmung« – immer wieder die Maßnahmen während der Corona-Pandemie. Als Redner standen auch die AfD-Bundestagsabgeordneten Martin Sichert und Christina Baum auf der Bühne. Baum gilt als enge Vertraute des thüringischen AfD-Funktionärs Björn Höcke. Im aktuellen Gutachten des Verfassungsschutzes zu der als rechtsextrem eingestuften Partei war Baum eine der am häufigsten zitierten Politiker*innen.

Einige Redner forderten das Publikum auf, Personen und Gruppierungen zu unterstützen, die derzeit wegen des Verdachts vor Gericht stehen, an terroristischen Aktivitäten beteiligt gewesen zu sein. Einige Teilnehmer trugen ein Transparent, das Michael Fritsch zeigte. Der ehemalige Polizist gehört zu den Angeklagten im Prozess gegen die sogenannte Reuß-Gruppe wegen eines mutmaßlich geplanten Umsturzes. Er soll zum »militärischen Arm« der Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß gehören.

Auch ehemalige Linke gehörten zu den Rednern, so der frühere Bundestagsabgeordnete und Musikproduzent Dieter Dehm und der Journalist Jürgen Elsässer. Der Chefredakteur des »Compact«-Magazins rief die Teilnehmer auf, gemeinsam in der »Offensive« zu bleiben. Er kritisierte die Diskussion über Lieferungen der reichweitenstarken Marschflugkörper Taurus an die Ukraine. Wer das vorhabe, wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), oder seine Generäle über Einsatzmöglichkeiten der Waffe in Geheimkonferenzen diskutieren lasse, wie Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), sei ein »Kriegsverbrecher«.

Nach der Kundgebung am Brandenburger Tor bewegte sich am frühen Nachmittag der Demonstrationszug durch das Regierungsviertel. An mehreren Stellen kam es zu antifaschistischen Gegenkundgebungen, an denen sich aber nur wenige Personen beteiligten. Ein Versuch, die Demo in Moabit zu stoppen, wurde von zahlreich anwesenden Polizisten vereitelt.

- Anzeige -

Wir sind käuflich.

Aber nur für unsere Leser*innen. Damit nd.bleibt.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Werden Sie Teil unserer solidarischen Finanzierung und helfen Sie mit, unabhängigen Journalismus möglich zu machen.