Neue Angriffe von Russland und der Ukraine

Größter Gefangenenaustausch des Krieges läuft an

In den vergangenen Tagen griff Russland massiv ukrainische Industrie und Städte an.
In den vergangenen Tagen griff Russland massiv ukrainische Industrie und Städte an.

Berlin. Russland hat die Ukraine in der Nacht nach Angaben aus Kiew mit dem seit Kriegsbeginn zahlenmäßig größten Drohnenangriff überzogen. Zum Einsatz gekommen seien 479 Kampfdrohnen des Typs Shahed und deren Attrappen, dazu noch mehrere Raketen, teilte die ukrainische Luftwaffe mit.

Russlands Verteidigungsministerin sagte, man habe unter anderem einen Militärflugplatz im Gebiet Riwne angegriffen und nannte die Attacke »einen der Antwortschläge« auf den ukrainischen Angriff auf Russlands strategische Bomberflotte Anfang Juni.

Die Ukraine gab an, am Montag eine Elektronikfabrik in der russischen Teilrepublik Tschuwaschien getroffen zu haben, die Antennen für Waffen herstellen soll. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, in der Nacht 49 ukrainische Drohnen über russischem Gebiet abgefangen zu haben, zwei davon über Tschuwaschien.

Aus Moskau hieß es zudem, russische Soldaten hätten die Grenze zum ukrainischen Gebiet Dnipropetrowsk überschritten. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nannte die Schaffung einer »Pufferzone« als Ziel des Vordringens. Aus Kiew folgte umgehend ein Dementi: »Der Feind ist nicht in das Gebiet Dnipropetrowsk eingedrungen«, sagte das dortige Verteidigungsministerium. Ein Vordringen der Russen bis an die Gebietshauptstadt Dnipro und auch an Saporischschja wäre für die Ukraine fatal. Beide Städte sind bedeutende Industriestandorte und enorm wichtig für den Nachschub der Armee im Osten und Süden des Landes.

Im Norden der Ukraine rücken russische Truppen weiter auf die Gebietshauptstadt Sumy vor. Das sei vor allem möglich, weil Armee und die lokale Verwaltung nicht ausreichend für die Verteidigung gesorgt hätten, kritisierte die Parlamentsabgeordnete Marjana Besuhla auf Telegram.

Nach übereinstimmenden Angaben Russlands und der Ukraine hat der bei den letzten Gesprächen in Istanbul vereinbarte Austausch von Kriegsgefangenen begonnen. Beide Seiten hatten sich in den vergangenen Tagen vorgeworfen, den Austausch zu verzögern. Das russische Verteidigungsministerium sprach am Montag von einer »ersten Gruppe russischer Soldaten im Alter von unter 25 Jahren«, die im Gegenzug für eine »gleiche Anzahl von Soldaten der ukrainischen Armee« freigelassen worden sei. Zur genauen Anzahl machten weder Moskau noch Kiew zunächst nähere Angaben.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb in Online-Netzwerken, der Austausch werde in »mehreren Etappen in den kommenden Tagen« weitergehen. Es handele sich jedoch um einen »ziemlich komplexen Vorgang«, die Verhandlungen darüber würden »praktisch Tag für Tag« geführt.

Russland hatte am Wochenende die Ukraine zudem aufgefordert, die Leichen gefallener Soldaten entgegenzunehmen. In Istanbul war der Austausch von 6000 Gefallenen vereinbart worden. Nach russischen Angaben habe man die ersten 1212 Leichen an den Austauschort gebracht, wo sich die Ukraine weigere, sie entgegenzunehmen.

Kritiker von Präsident Selenskyj mutmaßen, dass er sich weigert, die Gefallenen entgegenzunehmen, weil er damit das verlustreiche Scheitern seines Einmarsches in das Gebiet Kursk eingestehen müsste. Mit Agenturen

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