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Mit Peitsche und Faust
Antifa als Videogame: In drei neuen Spielen kann man den Nationalsozialismus besiegen
Als Sublimierung wird in der Psychologie die Umsetzung nicht zugelassener oder schwerlich zu realisierender Wünsche und Bedürfnisse bezeichnet. Sie möchten Nazis verprügeln? In einem neuen Videospiel ist es Pflicht: »Indiana Jones und der große Kreis« hält für arische Herrenmenschen einen Haufen blauer Augen bereit.
Das Action-Abenteuer der schwedischen Entwickler von Machine Games schreibt ein neues Kapitel des »Indiana-Jones«-Epos. Der vielleicht berühmteste Grabräuber der Popkultur der 80er Jahre wurde von Steven Spielberg und George Lucas für das Kino der 80er Jahre erfunden, woraus dann auch eine Videospiel-Reihe entstand. In der neuesten Ausgabe muss »Indy« der Spur einer gestohlenen Katzenmumie folgen. Im Vatikan, in den ägyptischen Pyramiden, im Himalaya und in Shanghai während der japanischen Invasion und im Zikkurat von Ur muss er mit unzähligen Nazi-Schergen fertig werden. Mit der Peitsche und der Faust. Das dauert 15 bis 20 Stunden Gesamtspielzeit. Fans wie Kritiker sind einhellig begeistert.
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Wer dagegen die etwas feinere Klinge schwingen möchte, kann auf das Spiel »The Darkest Files« zurückgreifen. Die in Berlin ansässige Firma Paintbucket Games veröffentlichte im März ein Detektivdrama, das in den 50er Jahren der BRD angesiedelt ist. Als Spieler*in schlüpft man in die Rolle einer jungen Staatsanwältin, die für den hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, einen berühmten Antifaschisten, arbeitet. Durch geschicktes Recherchieren und Kombinieren gilt es, die Verbrechen der Nazizeit vor Gericht zu bringen. In diesem Puzzle-Adventure müssen vernichtete Beweise rekonstruiert und potenzielle Täter verhört werden, um letztlich das bleierne Schweigen der postfaschistischen Gesellschaft zu durchbrechen. Die Bewertungen auf der Vertriebsplattform Steam sind mit 93 Prozent äußerst positiv, doch leider gibt es bisher keine deutsche Sprachausgabe. Doch die Textausgabe liegt in deutscher Fassung vor. Der Entwickler des Spiels, Jörg Friedrich, der auch Game- und Narrative-Design an der Technischen Kunsthochschule Berlin lehrt, erklärte dies gegenüber dem Fachmagazin »Gamestar« damit, dass die Mehrheit der Käufer nicht aus Deutschland komme.
Trotzdem kehrt mit »Commandos: Origins« nach über 17 Jahren ein Klassiker aus der antifaschistischen Videospielgeschichte wieder auf die Bildschirme zurück. Die Echtzeit-Taktik-Reihe »Commandos« bedient ebenfalls ein Genre, das im Massenmarkt kaum mehr vertreten ist. Doch die das Darmstädter Entwicklerteam von Claymore Game Studio hat sich an eine Neuauflage gewagt. Das Spiel bietet zehn Missionen, in denen sechs Mitglieder einer alliierten Spezialeinheit gegen die Nationalsozialisten kämpfen. Ob nun Sabotage, Überfalle, Infiltration oder heikle Rettungsaktion, es gilt, taktisch überlegt die unterschiedlichen Fähigkeiten der Teammitglieder einzusetzen. Die jeweiligen Aufgaben können dabei variabel umgesetzt werden, je nachdem, wen man sie ausführen lässt: Pionier, Scharfschütze oder Spion. Die Einsatzgebiete erstrecken sich über fast alle Schauplätze des Zweiten Weltkriegs: von Afrika bis in die Sowjetunion.
Viele Käufer bekritteln die Fehleranfälligkeit des Spiels, vor allem im Mehrspielermodus. Dennoch sind die Bewertungen auf Steam größtenteils positiv. Womöglich aus Nostalgie, vielleicht aber auch, weil das Spiel ein ganz bestimmtes Bedürfnis befriedigt: die Befreiung der Welt vom Nationalsozialismus.
»Indiana Jones und der große Kreis«, 69,99 € (Machine Games); »The Darkest Files«, 19,99€ (Paintbucket Games); »Commandos: Origin«, 49,99 € (Claymore Game Studios)
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