Gaza-Krieg: 40 000 bei Palästina-Demo in Berlin

Zehntausende protestieren gegen den Krieg in Gaza und für die Einhaltung des Völkerrechts

Vor dem Reichstagsgebäude in Berlin versammelten sich tausende Menschen, um gegen den Krieg in Gaza zu protestieren.
Vor dem Reichstagsgebäude in Berlin versammelten sich tausende Menschen, um gegen den Krieg in Gaza zu protestieren.

Der Platz der Republik ist voll. Auf der Fläche vor dem Reichstag findet am Samstag die Auftaktkundgebung der Demo »United 4 Gaza« statt. Knapp eine Stunde nach dem offiziellen Beginn stoßen noch immer viele Menschen dazu. Palästinensische Fahnen sind allgegenwärtig, genauso wie rote Fahnen mit verschiedenen Logos. Mindestens 10 000 Demonstrant*innen sind zur Kundgebung gekommen, im Laufe des Nachmittags werden es nach Angaben der Veranstalter 40 000. Die meisten von ihnen tragen rote Kleidung.

Initiiert wurde die Demonstration von zwei Einzelpersonen, Abed und Amin. »Wir sind zwei palästinensische Stimmen, die aus Gaza und der Westbank stammen – vereint durch den Schmerz, das Wissen und die Verantwortung, laut zu sein, wenn andere schweigen«, teilen sie in einer Pressemitteilung mit. Zahlreiche Organisationen haben sich dem Aufruf angeschlossen. Die Demonstration wurde maßgeblich von Gruppen aus der palästinensischen Community organisiert. Viele Teile der Linkspartei und kommunistische und antifaschistische Gruppen haben aufgerufen. Aber auch die Klimabewegung und zahlreiche andere zivilgesellschaftliche Gruppen haben mobilisiert. »Wir sind überwältigt von der positiven Resonanz auf unsere Demonstration«, sagt Initiator Amin.

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Ali, der nicht mit seinem vollständigen Namen in der Zeitung stehen will, sagt, es sei besonders, dass die Demo so groß sei. Er steht am Rande einer Gruppe, die rote Fahnen trägt. Wie er haben fast alle eine Kufiya auf dem Kopf. Die Mobilisierung über die linke und pro-palästinensische Szene hinaus sei sehr erfolgreich gewesen, sagt er. »Auch meine Mutter ist hier irgendwo auf der Demo.« Sein Vater habe den Flyer zur Demo in der Moschee bekommen.

»United 4 Gaza« will »eine breite gesellschaftliche Plattform schaffen, um gemeinsam ein starkes, menschliches Zeichen gegen Genozid, Vertreibung und die staatliche Komplizenschaft Deutschlands zu setzen«. So heißt es im Aufruf. Unter anderem fordert das Bündnis das sofortige Ende der deutschen Unterstützung für »Genozid, Apartheid und Besatzung«, die »Achtung des Völkerrechts und internationale juristische Maßnahmen« sowie die Entkriminalisierung palästinensischer Stimmen, Symbole und Proteste.

Andreas, auch er will seinen vollständigen Namen nicht in der Zeitung lesen, ist mit seinen Kindern auf der Demonstration. »Wir demonstrieren hier mit vielen Menschen, deren Familien vom Genozid betroffen sind.« Sarkastisch sagt er, die Demo sei groß genug, dass die Polizei nicht wahllos Leute verprügeln könne. »Bezeichnend sind die Hamburger Gitter.« Damit meint er die Absperrungen, die den ganzen Platz der Republik umschließen. »Man muss hier über Aufstandsbekämpfungsinfrastruktur klettern, um zur Demo zu kommen.« Und: »Es gibt eine Sonderbehandlung der Polizei für Pro-Palästina-Demos.«

»Man muss hier über Aufstandsbekämpfungsinfrastruktur klettern, um zur Demo zu kommen.«

Demo-Teilnehmer Andreas

Zuletzt hatte sich vergangene Woche der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O’Flaherty, besorgt über das Vorgehen der deutschen Behörden bei Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg geäußert. In einem Brief an Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) kritisierte er Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit bei Protesten. Dabei bezog er sich vor allem auf Ereignisse in Berlin und kritisierte Sprachverbote auf Demonstrationen, exzessive Polizeigewalt und Demonstrationsverbote. O’Flaherty forderte die deutsche Regierung auf, von jeglichen Maßnahmen abzusehen, die Menschen aufgrund ihrer politischen Meinung, Religion, Nationalität oder ihres Migrationsstatus diskriminieren.

Wie die Polizei am Abend mitteilte, soll es während und gegen Ende der Demonstration mehrere Straftaten gegeben haben, darunter Propagandadelikte und Gewaltstraftaten, darunter wiederum auch Angriffe auf Polizisten. Bei den mehr als 50 Festnahmen habe teilweise Gewalt angewendet werden müssen, sodass mehrere Verletzte in Krankenhäuser gebracht werden mussten. Auf sozialen Medien wurden Videos einer brutalen Festnahme verbreitet, in deren Folge die festgenommene Person das Bewusstsein verloren haben soll.

Die Anmelderin der Demo sagt zu »nd«, dass die Demo im Vorfeld schikaniert wurde. So sei unter anderem gegen einen der Initiatoren, Amin, eine Teilnahmeuntersagung erlassen worden. »Dagegen hat er zwar erfolgreich geklagt, aber am Ende der Demo wurde er trotzdem festgenommen – eines der unzähligen Beispiele der Kriminalisierung von Palästina-Solidarität in Deutschland.« Insgesamt habe es aber wesentlich weniger Polizeigewalt gegeben als auf anderen Demonstrationen.

Die Demo bewertet die Sprecherin als »riesigen Erfolg«. Sie sei mit Sicherheit eine der größten pro-palästinensischen Demonstrationen seit 2023. »Wir haben es geschafft, den Widerstand gegen den Genozid, gegen Apartheid, Besatzung und illegalen Landraub auf die Straße zu bringen und das Schweigen zu brechen.« Mit Agenturen

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