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Meldestelle registriert Zunahme von Antiziganismus
Hass und Hetze gegen Sinti und Roma nehmen in Deutschland einem neuen Bericht zufolge zu
Sinti und Roma sind im vergangenen Jahr deutlich häufiger Ziel von Angriffen, Bedrohungen und Diskriminierungen geworden. Die Zahl der Fälle stieg 2024 im Vergleich zum Vorjahr um rund 36 Prozent an, wie aus dem dritten Jahresbericht der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) hervorgeht, der am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach wurden im vergangenen Jahr bundesweit 1678 antiziganistische Vorfälle registriert – 2023 waren es noch 1233.
Für die Zunahme sei nicht nur der gestiegene Bekanntheitsgrad der Meldestelle verantwortlich, sondern auch eine feindseligere Stimmung gegen Sinti und Roma, sagte MIA-Geschäftsführer Guillermo Ruiz bei der Vorstellung des Berichts. »Wir sprechen hier von einem Bruchteil der tatsächlichen Vorfälle. Es besteht weiterhin ein enormes Dunkelfeld«, betonte Ruiz.
Bei 856 und damit rund der Hälfte der im Jahr 2024 dokumentierten Fälle handelte es sich laut MIA um verbale Stereotypisierungen. Dies sind demnach antiziganistische Äußerungen, die Betroffene diffamieren und herabwürdigen. In 666 oder 40 Prozent der Vorfälle ging es um Diskriminierungen. Zudem wurden 57 Angriffe, 50 Bedrohungen, 37 Sachbeschädigungen und zehn Fälle extremer Gewalt registriert.
Knapp ein Viertel aller gemeldeten Vorfälle (369 Fälle) fand im Kontakt mit Behörden statt. Häufig seien Polizeibeamte involviert. Das äußere sich in unverhältnismäßigen Maßnahmen bei Polizeikontrollen oder Hausdurchsuchungen, in der Strafverfolgung oder durch Beleidigungen. Wenn Betroffene Vorfälle anzeigen wollten, würden Polizisten dies häufig gar nicht oder nur widerwillig tun. Im Bildungskontext wurden 313 Vorfälle registriert, im Wohnbereich 295. So erleben Sinti und Roma zum Beispiel oft Diskriminierungen bei der Wohnungsuche. Zudem seien Sinti und Roma im Internet, auf offener Straße, durch Politiker und im Job mit Hass konfrontiert. Laut Ruiz zeigt er sich auch in antiziganistischen Gesängen im Fußballstadion.
»Antiziganismus ist in Deutschland Alltag«, fasste Ruiz die Ergebnisse des Jahresberichts zusammen. Er forderte deshalb die finanzielle Absicherung der MIA. Deren Finanzierung sei nach dem Ende des Jahres 2025 nicht gesichert. Zudem müsse das Amt des Antiziganismusbeauftragten gestärkt und mit adäquaten Ressourcen ausgestattet werden.
Neuer Antiziganismusbeauftragter ist nach dem Regierungswechsel der CDU-Politiker Michael Brand. Dieser übernimmt das Amt zusätzlich zu seiner Funktion als parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfamilienministerium.
Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus hat nach einem Bundestagsbeschluss im Oktober 2021 ihre Arbeit aufgenommen. Sie wird im Rahmen des Programms »Demokratie leben!« vom Bundesfamilienministerium gefördert. Vorfälle – auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze – können ihr online, per Mail oder Telefon vertraulich gemeldet werden. Agenturen/nd
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