- Sport
- EM
Deutschlands Basketballerinnen träumen vom großen Wurf
Nach dem Weiterkommen ins Viertelfinale will das DBB-Team bei der EM noch mehr
Nach der Schlusssirene herrschte erst mal dicke Luft in der Inselpark-Arena. Grund dafür war allerdings nur das schwüle Gewitterwetter in Hamburg. Den deutschen Basketballerinnen konnten auch die saunaartigen Temperaturen nichts mehr anhaben. Ausgiebig wurde der 80:67-Sieg gegen Großbritannien im dritten und letzten Gruppenspiel mit den 3414 verschwitzten Fans in der ausverkauften Halle gefeiert. Nach einer Vorbereitung voller Probleme, einem euphorischen Auftakt gegen Schweden, einem Dämpfer gegen Mitfavorit Spanien und dem Hitzeduell gegen die Britinnen steht das Frauen-Team des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) im Viertelfinale der Europameisterschaft 2025.
»Ich bin stolz auf das Team. Mit den ganzen Rückschlägen, die wir verkraftet haben, das haben uns manche nicht zugetraut, aus der Gruppe rauszukommen«, erklärte Leonie Fiebich, die nach dem Kreuzbandriss von Marie Gülich als neue Kapitänin fungiert. Weil auch die Sabally-Schwestern Satou und Nyara nicht an der EM teilnehmen und sich mit Alina Hartmann noch eine weitere Spielerin in der Vorbereitung verletzte, ist der Sprung unter die besten acht Teams Europas ein echter Erfolg. Genauso wie ein Scheitern in der Vorrunde ein empfindlicher Dämpfer für die Hochstimmung rund um die DBB-Frauen gewesen wäre.
Die Freude, diesen schmalen Grat vor heimischem Publikum erfolgreich gemeistert zu haben, war am Sonntag bei allen Spielerinnen und der Bundestrainerin spürbar. »Wir sind sehr froh, dass wir weitergekommen sind. Das war ein Must-win-Spiel für uns«, verdeutlichte Lisa Thomaidis auf der Pressekonferenz nach dem Sieg gegen die Britinnen den Druck, den sich das deutsche Team selbst gemacht hatte. Nach der 60:79-Pleite gegen Spanien im zweiten Gruppenspiel war ein Sieg gegen Großbritannien Pflicht. Aufgrund der Konstellation in Gruppe D hätte zwar auch eine knappe Niederlage zum Weiterkommen gereicht. Doch für die DBB-Frauen geht es bei dieser EM auch darum, herauszufinden, wie gut der Kader ohne die fehlenden Spielerinnen ist.
Starke Offensive und Schwächen nach der Pause
Nach der Heim-Vorrunde hat das deutsche Team nun Gewissheit, dass man inzwischen auch ohne Kapitänin Gülich und die Sabally-Schwestern stark genug ist, um zumindest gegen die zweite Garde Europas zu bestehen. »Sowohl gegen Großbritannien als auch gegen Schweden hat unser Angriffsspiel sehr gut funktioniert. 89 und 80 Punkte zu machen, ohne ein eingespieltes Team zu sein – weil wir zwar drei Wochen zusammen waren, aber mit zwei Spielerinnen nur drei Tage Vorbereitungszeit hatten –, das ist nicht leicht«, freute sich Bundestrainerin Thomaidis über die gute Offensivleistung gegen die kleineren Gruppengegner.
Obwohl die beiden WNBA-Spielerinnen Luisa Geiselsöder und Ersatz-Kapitänin Fiebich aufgrund des Spielplans in der nordamerikanischen Profiliga erst kurz vor dem EM-Start zum Team stoßen konnten, punkteten beide bisher immer zweistellig. Mit den Spanien-Legionärinnen Frieda Bühner und Emily Bessoir verfügt das DBB-Team über insgesamt vier Akteurinnen, denen bisher in jedem EM-Spiel mindestens zwölf Punkte gelangen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich die deutschen Basketballerinnen in allen drei Partien längere Schwächephasen leisteten.
Gegen Schweden erlaubte man im dritten Viertel einen 12:0-Lauf. Auch die Spanierinnen konnten sich nach der Halbzeit entscheidend absetzen. Und gegen die Britinnen schmolz eine komfortable 48:32-Pausenführung im dritten Abschnitt bis auf fünf Punkte zusammen. Abgesehen von der starken deutschen Startformation, zu der noch Aufbauspielerin Alexis Peterson gehört, fehlt es bisher an Konstanz im Kader. Deswegen gönnte Lisa Thomaidis ihren fünf Starterinnen in den ersten beiden Gruppenspielen nur wenige Verschnaufpausen. Gegen Spanien spielte Leonie Fiebich sogar die gesamten 40 Minuten durch. Nur gegen Großbritannien sah die Bundestrainerin die Möglichkeit, ihren Bankspielerinnen mehr Einsatzzeit zu geben, nachdem sich Deutschland schon früh im vierten Viertel wieder absetzen konnte.
Belgien vor Augen, die Medaillen im Blick
Auch diese wenigen Minuten dürften aber hilfreich gewesen sein. Denn viel Zeit zur Regeneration blieb nach dem Ende der Gruppenphase in Hamburg nicht. Schon am Montagmorgen um 6 Uhr ging es für den DBB-Tross mit dem Flieger nach Athen, wo im Bezirk Piräus die K.-o.-Runde der EM ausgespielt wird. Am Mittwoch treffen die deutschen Basketballerinnen dort im Viertelfinale auf Belgien. Bei Olympia im vergangenen Jahr hatten die deutschen Basketballerinnen – mit Gülich und den Saballys – in der Gruppenphase überraschend gegen die amtierenden Europameisterinnen gewonnen. In der EM-Vorbereitung gab es dann zwei deutliche Niederlagen, dabei fehlten allerdings Geiselsöder und Fiebich noch.
»Gegen Belgien haben wir schon gespielt und vielleicht nicht die Ergebnisse gehabt, die wir gerne gehabt hätten«, sagte Frieda Bühner, die bei beiden Testspielpleiten auf dem Parkett stand, am Sonntag – nur um sofort nachzuschieben: »Aber wir sind jetzt ein anderes Team, und wenn du eine Medaille gewinnen möchtest, musst du an solchen Teams vorbei.« Nach dem Minimalziel Viertelfinale nehmen die deutschen Basketballerinnen jetzt wieder ihr Maximalziel in den Blick.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.