»Deckeln, dann enteignen«

Enteignungsaktivist Ralf Hoffrogge zu den Mietenplänen der Parteien

  • Interview: Günter Piening
  • Lesedauer: 2 Min.
Grüne und Linke wollen Vermieter verpflichten, Sozialwohnungen anzubieten.
Grüne und Linke wollen Vermieter verpflichten, Sozialwohnungen anzubieten.

Als vor fünf Jahren erstmals Überlegungen zu einem Wohnwirtschaftsgesetz mit den Eckpunkten Sozialquote und Regelung des Marktzugangs aufkamen, war man bei der Enteignungsinitiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen (DWE) skeptisch und sah darin eine Konkurrenz zur Vergesellschaftung. Wie ist das heute?

Die Debatten 2019 haben sich sehr schnell auf den Mietendeckel zugespitzt – und dazu hat DWE gemeinsam mit der Mietenbewegung eine eindeutige Antwort gegeben: »Richtig deckeln, dann enteignen.« Wir brauchen beides, das eine ersetzt nicht das andere. Die Mietenbewegung wartet seit Jahren auf eine wirksame Regulierung des Wohnungsmarkts – das ist längst überfällig.

Linke und Grüne haben jetzt ihre Konzepte vorgestellt. Sehen Sie Unterschiede?

Interview

Ralf Hoffrogge ist Historiker am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und Publizist. Er engagiert sich in der Kampagne »Deutsche Wohnen und Co. enteignen«.

Ich sehe vor allem Gemeinsamkeiten. Etwa das Transparenzregister. Das fordert DWE schon lange. Wenn sie sich in Berlin einen Hund anschaffen, müssen sie ihren Namen angeben und Steuern zahlen. Wenn sie 1000 Wohnungen besitzen, können sie anonym bleiben. Das heißt: Der Staat hat keinen Zugriff auf diesen Wohnungsmarkt – weder für eine Vergesellschaftung noch für eine wirksame Kontrolle gegen Geldwäsche oder zur Regulierung der Mietpreise. Da einen Einstieg zu finden, ist wichtig und auch für unser Vergesellschaftungsprojekt hilfreich.

Wie werden sich die Konzepte auf das Mietniveau auswirken?

Wenn 30 Prozent der Wohnungen zu gedeckelten Preisen an Menschen mit Wohnberechtigungsschein vermietet werden, kommt ein Schwung günstiger Mietwohnungen auf den Markt, die Vermieter wären in ihrer Preisgestaltung gebunden. Das wäre auf jeden Fall eine gute Sache, eine Regulierung, die wirklich greift – im Unterschied zur Mietpreisbremse, bei der die Mieter ihre Rechte einklagen müssen. Aber Regulierung kann Vergesellschaftung nicht ersetzen. Beides ergänzt sich: Wir brauchen die Vergesellschaftung der großen Wohnungskonzerne. Und für Vermieter unterhalb der 3000er-Schwelle brauchen wir eine wirksame Regulierung.

Wird das im Wahlkampf ein rot-grünes Referenzprojekt? Wäre das eine Mobilisierungschance für die Mietenbewegung?

Die Frage ist, von wem die Mobilisierung ausgehen muss. Wir machen ja keinen Wahlkampf. Gut ist, dass die Begrenzung der Mieten wieder auf die Tagesordnung kommt. Ich persönlich finde es aber traurig, dass erst ein Wahlkampf nötig ist, damit sich die Parteien überhaupt daran erinnern.

- Anzeige -

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.