Machtverschiebung im globalen Handelskonflikt

Trumps Politik setzt den Dollar unter Druck. Noch profitiert der Euro davon, allerdings nur in geringem Ausmaß

Noch ist der Dollar die Leitwährung. Die Stärke der US-Wirtschaft basiert auf seiner Macht.
Noch ist der Dollar die Leitwährung. Die Stärke der US-Wirtschaft basiert auf seiner Macht.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen trifft diesen Donnerstag in Peking mit Staatschef Xi Jinping zusammen. Auf dem 25. EU-China-Gipfel gibt es eine Reihe heikler Themen zu besprechen, etwa das beachtliche Plus im Handel Chinas mit der EU von umgerechnet rund 300 Milliarden Euro. Dabei spielt der Wechselkurs der beiden Währungen Euro und Renminbi eine wichtige Rolle.

Beide Seiten, Peking wie Brüssel, versuchen außerdem seit Längerem, den US-amerikanischen Dollar als weltweite Leitwährung zu schwächen. Denn die Stärke der US-Wirtschaft basiert auf der Macht des Dollars. Das extreme Minus in der amerikanischen Handelsbilanz wird quasi per Notenpresse ausgeglichen. Gleichzeitig finanziert die Welt, allen voran China und Japan, das Staatsdefizit Washingtons mit dem Kauf billionenschwerer Regierungsanleihen. Die internationale Bedeutung des Dollars ist nach einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt immer noch mehr als doppelt so groß wie die des Euro.

Allerdings geht der Anteil des Dollars an den weltweiten Devisenreserven und Handelsumsätzen seit Langem mehr oder weniger stark zurück. Donald Trumps irritierende Politik und der Zollhammer, den er hin und her schwingt, schaden dem Dollarkurs zusätzlich. Seit dem Amtsantritt des US-Präsidenten fällt der Wechselkurs des Dollars: Gegenüber dem Euro hat er mittlerweile ein Zehntel seines Wertes verloren.

nd.Kompakt – unser täglicher Newsletter

Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.

Der Aufstieg des Euro

Der zähe Abstieg des Dollars spiegelt sich im Aufstieg der Währung der Eurozone wider. Die Euro-Stärke dürfte dazu beigetragen haben, dass die Inflation in der Eurozone eingedämmt wurde, da ein starker Euro tendenziell die Importe wichtiger Rohstoffe wie Erdöl und Flüssigerdgas verbilligt. Vor diesem Hintergrund wird von der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rates diesen Donnerstag keine Änderung des Leitzinses erwartet.

Ob sich die gestiegene Wertschätzung des Euro auch in einer wachsenden internationalen Verwendung niederschlagen wird, ist unter Experten umstritten. Die internationale Rolle des Euro blieb 2024 weitgehend unverändert, er konnte sich mit Abstand als zweitwichtigste Währung behaupten. Seit Beginn des Ukraine-Krieges blieb der Anteil unter allen Währungen auf den internationalen Märkten nach Berechnungen der EZB »nahezu stabil« bei rund 19 Prozent. Der Anteil an den weltweiten Devisenreserven liegt bei 20 Prozent.

Dabei hat die EZB die Zinsen seit ihrer geldpolitischen Wende im Sommer 2024 sieben weitere Male gesenkt. »Die internationale Attraktivität des Euro wird durch eine solide Politik im Euroraum sowie durch starke, regelbasierte Institutionen gestützt«, erklärt sich das EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Für den weiteren Erfolg der Währung sei dagegen eine »geopolitische Grundlage« nötig, für die »auch militärische Stärke« wichtig sei. »Der Euro soll schießen lernen«, analysierten daraufhin Forscher des Hamburger Instituts für Sozialforschung.

Deglobalisierung der Währungen

Möglich, wenn nicht wahrscheinlicher erscheint aber eine Deglobalisierung, also Entmachtung von Dollar und Euro. Geopolitische Machtblöcke wie Brics bemühen sich um den Aufbau eigener, von USA und EU unabhängiger Zahlungsinfrastrukturen. Die in ihrem Umfang beispiellose »monetäre Kriegsführung« (Aaron Sahr) gegen Russland, also der Ausschluss russischer Banken aus dem Interbankennachrichtendienst Swift und das Einfrieren russischer Devisenreserven auch in Europa, war Wasser auf diese Mühlen.

In der Praxis zeigt sich auf den Finanzmärkten der Trend zu einer Deglobalisierung bereits darin, dass viele Zentralbanken ihre Goldreserven in Rekordgeschwindigkeit weiter aufstocken. Der Anteil des Edelmetalls an den weltweiten Reserven soll bereits so hoch sein wie der an Euro. Auch der besagte EZB-Bericht legt nahe, dass viele Länder ihre Devisenreserven diversifizieren, um unabhängiger von Dollar und Euro zu werden. EZB-Präsidentin Lagarde sieht einen Zusammenhang zwischen der geopolitischen Orientierung und Verschiebungen bei den im Welthandel verwendeten Währungen, »insbesondere seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine«.

Russland, China und andere Länder, die sich direkt oder indirekt von den Sanktionen der EU und der USA angegriffen fühlen, wickeln grenzüberschreitenden Handel vermehrt in ihren nationalen Währungen, in japanischen Yen oder Schweizer Franken ab. Russland, Indien und China erproben den grenzüberschreitenden Handel mithilfe ihrer eigenen Währungen bereits massiv. Das dürfte ein Thema auf dem geopolitisch belasteten 25. EU-China-Gipfel sein.

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.