Australien vertieft Verteidigungsallianz mit Großbritannien

Ein neuer 50-Jahres-Vertrag soll das bröckelnde Aukus-Bündnis stabilisieren

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 4 Min.
Waffenbrüder: Der britische Verteidigungsminister John Healey (l.) und der stellvertretende Premierminister Australiens Richard Marles (r.) 2025 in Darwin.
Waffenbrüder: Der britische Verteidigungsminister John Healey (l.) und der stellvertretende Premierminister Australiens Richard Marles (r.) 2025 in Darwin.

Australien und Großbritannien wollen enger zusammenrücken – sicherheitspolitisch, wirtschaftlich und geopolitisch. Mit einem neuen Verteidigungsvertrag, der auf 50 Jahre angelegt ist, vertiefen beide Länder ihre Zusammenarbeit im Rahmen des Aukus-Bündnisses. Die Vereinbarung kommt in einer Phase wachsender Unsicherheit: Die USA – eigentlich dritter Pfeiler des trilateralen Pakts – stellen ihre Rolle offen infrage.

»Dieser historische Vertrag bestätigt unser Aukus-Bekenntnis für das nächste halbe Jahrhundert«, erklärte der britische Verteidigungsminister John Healey, der am Freitag zu Gast in Sydney war. Australiens Außenministerin Penny Wong sprach gemeinsam mit ihrem Kabinettskollegen Richard Marles davon, »die Welt gemeinsam zum Besseren zu gestalten«. Mit dem bilateralen Vertrag sichern sich beide Länder ab – politisch wie wirtschaftlich. Denn aus Washington kommen seit dem Amtsantritt von Donald Trump zunehmend kritische Töne.

Aukus auf dem Prüfstand

Das ursprüngliche Ziel von Aukus war es, Chinas wachsendem Einfluss im Indopazifik etwas entgegenzusetzen – unter anderem durch den Aufbau einer australischen Flotte von atomgetriebenen U-Booten. Doch der Zeitplan gerät ins Wanken: Die Lieferung der ersten US-Boote ist frühestens für 2032 vorgesehen. Die Produktion in den USA hinkt hinterher, die eigenen Flottenkapazitäten sind begrenzt, die Werften überlastet. Laut Vertrag dürfen U-Boote nur exportiert werden, wenn der amtierende US-Präsident garantiert, dass die Einsatzbereitschaft der US-Navy nicht gefährdet wird.

Genau daran regt sich in Washington Kritik: Trump ließ das Abkommen im Juni einer umfassenden Prüfung unterziehen – geleitet von Elbridge Colby, einem prominenten Aukus-Skeptiker. Zugleich mehren sich Stimmen, die von Australien mehr verlangen als nur Geld. So fordern konservative Kreise Unterstützung im Falle eines militärischen Konflikts um Taiwan. Verteidigungsminister Pete Hegseth etwa drängt darauf, dass Australien seine Militärausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht – derzeit liegen sie bei zwei Prozent.

Die Regierung in Canberra versucht, sich mit Zahlungen abzusichern: Im zweiten Quartal 2025 zahlte Canberra weitere 800 Millionen australische Dollar, umgerechnet fast 450 Millionen Euro, an die USA zur Förderung des dortigen Schiffbaus. Insgesamt sollen es rund 4,6 Milliarden Dollar (fast 2,6 Milliarden Euro) werden – eine strategische Anzahlung auf die eigene Sicherheit. Ähnliche Beträge fließen auch nach Großbritannien.

Rindfleisch und seltene Erden

Parallel dazu betont Australien seine geopolitische Bedeutung als Rohstofflieferant. Das Land verfügt über große Vorkommen sogenannter Seltener Erden – kritischer Mineralien, die für moderne Technologien wie Smartphones, Elektroautos, Windräder und Waffensysteme unentbehrlich sind. Für einen F-35-Kampfjet werden rund 420 Kilogramm dieser Stoffe benötigt. Premierminister Anthony Albanese hat eine nationale Rohstoffreserve initiiert und knapp 700 Millionen Euro für die Erschließung bislang ungenutzter Lagerstätten bereitgestellt. Canberra will sich damit als verlässlicher Lieferant gegenüber westlichen Partnern positionieren – und zugleich eine strategische Verhandlungsmasse aufbauen.

Auch wirtschaftlich versucht Australien, Spannungen mit den USA zu entschärfen: In dieser Woche hob die Regierung langjährige Importbeschränkungen für US-Rindfleisch teilweise auf – ein Schritt, der Washington zur Rücknahme jüngst verhängter Strafzölle bewegen könnte.

Strategischer Knotenpunkt

Auch militärisch unterstreicht Australien seinen Stellenwert in der Region: Seit Mitte Juli findet im Norden des Landes die groß angelegte Übung Talisman Sabre statt. An dem Manöver nehmen über 30 000 Soldaten aus 19 Ländern teil, darunter neben Australien auch die USA, Großbritannien, Japan, Frankreich und Deutschland. Die Übung gilt als eine der bedeutendsten im Indopazifik und dient der Koordination gemeinsamer Einsatzfähigkeit. Vor dem Hintergrund wachsender geopolitischer Spannungen unterstreicht Talisman Sabre die strategische Bedeutung Australiens als sicherheitspolitischer Knotenpunkt.

Das neue Abkommen mit Großbritannien ist mehr als nur ein bilateraler Vertrag – es ist eine geopolitische Rückversicherung. Sollte Washington unter Trump seine Zusagen im Aukus-Programm nicht einhalten oder sich gar zurückziehen, setzt Australien auf seinen traditionellen Partner. Dabei spielen auch historische Bande eine Rolle: Australien war einst britische Kolonie, König Charles III. ist noch heute formell Staatsoberhaupt. Außenministerin Wong betonte, man sei »langjährige Freunde und Partner«. Der Vertrag mit London soll nicht nur operative Sicherheit geben, sondern auch symbolische Stärke ausstrahlen – und stellt im Zweifel einen Plan B dar, falls die USA ihre Rolle im Indopazifik neu definieren.

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