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Eine Quelle von Legenden
Ob kalkhaltig oder abgefüllt: Wassertrinken sollte das einfachste Ding der Welt sein
Leitungswasser sollte gefiltert werden
»Das ist nicht nötig«, sagt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. »Leitungswasser wird in Deutschland sehr gut kontrolliert und ist völlig unbedenklich.« Vom Wasserwerk wird das Trinkwasser normalerweise einwandfrei geliefert. Problematisch können höchstens die Leitungen sein: Zum Beispiel kann es in sehr alten Gebäuden vereinzelt noch Bleirohre geben. Wasser, das durch solche Leitungen fließt, kann einen erhöhten Bleigehalt haben, was insbesondere für Babys und Kleinkinder gefährlich ist. Auch das Umweltbundesamt rät davon ab, Leitungswasser im Haushalt »nachzubereiten«. So können Tischwasserfilter, die laut Werbung Keime und Schadstoffe herausfiltern, die Wasserqualität sogar verschlechtern. Laut Verbraucherzentrale Hamburg bieten sie Keimen einen Nährboden, wenn zum Beispiel die Filterpatronen zu selten gewechselt werden.
Wassertrinken macht schlank
Davon sollte man sich nicht zu viel versprechen. Positive Effekte lassen sich vor allem dadurch erzielen, dass man energiereiche Getränke wie Bier, Limonade und Saft durch Wasser ersetzt. In der Folge reduziert man nämlich ganz schlicht die Energiezufuhr, da Wasser keine Kalorien enthält. Außerdem gibt es aus kleinen Studien Hinweise, dass Wassertrinken den Energieverbrauch ankurbelt – insbesondere dann, wenn es kalt ist. Noch einen weiteren Effekt hat Wasser: Es füllt den Magen. »Man kann dadurch das Hungergefühl besser kontrollieren«, sagt Gahl. Trinkt man vor dem Essen ein großes Glas, fällt es leichter, weniger zu essen.
Kein destilliertes Wasser trinken
Früher wurde Kindern oft der Eindruck vermittelt, ein Schluck destilliertes Wasser sei tödlich – doch so schlimm ist die Sache bei Weitem nicht. »Wenn man ab und zu davon trinkt, macht das nichts«, sagt Gahl.
Riskant kann es allerdings werden, wenn man die Flüssigkeit in großen Mengen zu sich nimmt – insbesondere beim Sport oder während einer Fastenkur. Destilliertes Wasser ist nämlich chemisch rein und enthält somit auch keine Mineralstoffe. Das kann der Körper kompensieren, wenn man über die Ernährung genügend Mineralstoffe aufnimmt.
Bei einer Hungerkur zum Beispiel ist das aber nicht gewährleistet. »In dem Fall kann es zu einer Elektrolyt-Störung kommen, wenn man destilliertes Wasser trinkt«, sagt die Ernährungsexpertin. »Sie kann sich durch Kopfschmerzen, Müdigkeit und Muskelkrämpfe bemerkbar machen.«
Kalkhaltiges Wasser ist schädlich
Stimmt nicht. »Kalkhaltiges Wasser ist keineswegs ungesund«, sagt Gahl. Hintergrund dieser Annahme ist wahrscheinlich das schlechte Image, das Kalk hat: Landläufig wird es mit verkalkten Haushaltsgeräten sowie mit Arteriosklerose (»verkalkte« Gefäße) in Verbindung gebracht. Theoretisch ist »hartes« Trinkwasser sogar positiv für den Körper: Darin sind mehr Calcium und Magnesium gelöst als in weichem – beides sind wertvolle Mineralstoffe. Die Mengen sind aber so gering, dass sie bei der Versorgung des Körpers nicht ins Gewicht fallen. Wie hoch der Mineralstoff-Gehalt genau ist, ist regional unterschiedlich und hängt von den geologischen Bedingungen in jeder Region ab.
Man kann auch zu viel Wasser trinken
Richtig, allerdings nur in Extremfällen. Vor rund zehn Jahren starb ein Sportler, der bei großer Hitze am Ironman in Frankfurt am Main teilgenommen hatte, an einer »Wasservergiftung«: Der Triathlet hatte offenbar stark geschwitzt und gleichzeitig sehr viel natriumarmes Leitungswasser getrunken, sodass der Salzgehalt im Blut stark absackte. Eine solche Hyponatriämie kann ein Hirnödem auslösen, was zu Kopfschmerzen, Krämpfen und schlimmstenfalls zum Koma führt.
Wegen ihres Elektrolytgehalts ist zum Beispiel Obstsaftschorle ein geeignetes Getränk für Sportler. Auch bei Vergiftungen sollte man laut Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburg keinesfalls literweise Wasser in sich hineinschütten. Große Flüssigkeitsmengen, die in kurzer Zeit konsumiert werden, tragen nicht zur Entgiftung bei, sondern können die Nieren überfordern. Stattdessen sollte man so schnell wie möglich den Giftnotruf wählen. Doch das alles sind Ausnahmesituationen. »Über den Tag verteilt getrunken, kann ein gesunder Erwachsener bis zu zehn Liter Wasser tolerieren«, sagt Gahl.
Stilles Wasser gesünder als Sprudel
»Nein, das kann man so nicht sagen«, sagt Antje Gahl. Daher ist die Entscheidung für oder gegen Sprudel eine reine Geschmacksfrage. »Kohlensäure im Wasser sorgt für Frische. Das schätzen viele Menschen«, meint Gahl. Statt schwere Getränkekästen zu schleppen, kann man mit einem Trinkwasser-Sprudler Leitungswasser einfach selbst mit Kohlensäure versetzen. Das ist preiswert und praktisch, allerdings sollte man auf ausreichend Hygiene achten, mahnt die Verbraucherzentrale. So sollte man Gerät und Flasche möglichst trocken halten, wenn man sie nicht benutzt. Außerdem ist es ratsam, Glasflaschen zu verwenden, die man in der Spülmaschine reinigen kann.
Abgefülltes Wasser wird nicht schlecht
Stimmt nicht so ganz. Zwar ist Wasser in ungeöffneten Flaschen meist noch lange genießbar, wenn das gesetzlich vorgeschriebene Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Aber: »Wasser in Flaschen hält nicht ewig«, erklärt Aki Sebastian Ruhl vom Umweltbundesamt. »Wie lange es ohne Risiko konsumiert werden kann, hängt vom Material und von den Lagerbedingungen ab.« Am wenigsten verändert sich Sprudelwasser in Glasflaschen: Kohlensäure verlängert die Haltbarkeit, da sie das Bakterienwachstum hemmt. Aus Glasflaschen kann sie zudem schlechter entweichen als aus Plastikflaschen. Allerdings sollte der Wasservorrat dunkel und kühl gelagert werden – also etwa im Keller.
Problematisch kann Sonnenlicht insbesondere bei Kunststoffflaschen sein. Daher rät die Verbraucherzentrale: »Lassen Sie PET-Flaschen nicht in der Sonne stehen. Hitze und UV-Strahlung lösen grundsätzlich mehr unerwünschte Substanzen aus Kunststoffen.« Bei selbst abgefülltem Wasser ist Hygiene ein Problem. Sicherheitshalber sollte man es daher in den Kühlschrank stellen und rasch aufbrauchen.
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