Mastix­harz: Antiker Kaugummi mit Heilwirkung

Das berühmte Mastix­harz wird fast ausschließlich auf der Insel Chios gewonnen

  • Susanne Aigner
  • Lesedauer: 4 Min.
Um das Harz zu gewinnen, wird der Mastixbaum mit einer speziellen Nadel angeritzt.
Um das Harz zu gewinnen, wird der Mastixbaum mit einer speziellen Nadel angeritzt.

Mastix ist das natürliche Harz des immergrünen Mastixbaumes. Die Art Pistacia lentiscus erreicht erst nach 40 bis 50 Jahren ihre volle Größe von bis zu drei Metern und wird nur im Süden der Insel Chios – in der Mastichochoria – angebaut. Optimale Wachstumsbedingungen liefern kalkreiche Böden sowie die Lava von Unterwasservulkanen, woraus sich im Laufe der Zeit fruchtbare mineralienreiche Böden entwickelten. Im Vergleich zu anderen Harzen enthält Mastix mehr als 70 Komponenten, darunter Harzsäuren, Harze und ätherische Öle.

Das körnige Harz mit seinem bitter-würzigen Geschmack wird in Backwaren sowie als Würzmittel für Limonaden und Speiseeis verarbeitet. In der Küche verleiht es Fleisch und Käse ein besonderes Aroma. Bekannt sind die griechischen Mastixbonbons Tsoureki, griechischer Loukoumia mit Mastixgeschmack und Mastihopita (Mastix-Nougat-Kuchen) sowie die regionale Süßspeise Chalva.

In der Brennerei wird Mastix zum aromatischen Verfeinern von Likören (»Masticha«) und Ouzo eingesetzt. Bereits vor 1000 Jahren wurde mit dem Harz auch Wein konserviert. In dem auf Chios produzierten Ouzo dominiert übrigens nicht der Anis-, sondern der Mastixgeschmack. Eine regionale Spezialität ist der hausgemachte, mit Zitrone verfeinerte Mastixlikör, der in kleineren Geschäften in ganz Griechenland angeboten wird. Auf Chios wird der traditionelle Mastixlikör zum Dessert, nach jeder Mahlzeit oder zum Kaffee serviert.

Klebstoff und Arznei

Bei der Herstellung von Parfüms und Gesichtscremes, aber auch zur Herstellung von Zahnpasten und Seifen sowie für medizinische Produkte wird das ätherische Öl von Mastix verwendet. Es ist Bestandteil von Klebstoffen und Spezialkitt, dient als aromatischer Zusatz von Räucherpulvern und findet sich sogar in Möbeln und Musikinstrumenten. Traditionell dient Mastix als Grundstoff für Kaugummis.

Seit 2015 ist das Harz von der Europäischen Arzneimittel-Agentur offiziell als pflanzliches Arzneimittel anerkannt. Mit seinen antioxidativen, antibakteriellen und entzündungshemmenden Eigenschaften verhindert es nicht nur Zahnplaque und reduziert laut klinischen Studien bereits gebildete Plaques. Es wird auch bei der Wundbehandlung eingesetzt, soll das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes verringern, die Cholesterinwerte senken sowie gegen Magenbeschwerden und Magen-Darm-Erkrankungen wie Morbus Crohn und Verdauungsstörungen wirken.

Immaterielles Kulturerbe

Für die Ernte wird zunächst der Boden um den Stamm herum gereinigt, danach wird der Baum mit einer besonderen Nadel etwa drei Millimeter tief kreuzförmig eingeritzt, damit das Harz langsam herauslaufen kann. Nach 15 bis 20 Tagen trocknet und verfestigt sich das Harz zu erbsengroßen gelblich-grünen Klümpchen. Mitte August bis September werden die Körner abgesammelt, gesiebt, gewaschen und getrocknet. Stück für Stück wird sorgfältig gereinigt und nach Größe und Qualität sortiert.

Im Mittelalter verkauften die Genuesen den wertvollen Rohstoff im gesamten Mittelmeerraum, was auch der Insel Chios zu Wohlstand verhalf. Heute müssen Mastix-Produzenten mit synthetisch hergestelltem Harz konkurrieren.

Die Feuer auf Chios im Juli bedrohten die Mastix-Dörfer samt Plantagen.

Die Siedlungen wurden ebenso wie der Mastix aus Chios einschließlich Geschichte und Bräuchen als Kulturgut in die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen.

Die Feuer auf Chios im Juli bedrohten die Mastix-Dörfer samt Plantagen. Bereits 2012 und 2016 wüteten hier gefährliche Waldbrände. Bei Bränden im Jahr 2010 war nahezu die Hälfte der Mastix-Haine zerstört worden. Davon waren zahlreiche Einwohner betroffen, die in der Mastix-Produktion beschäftigt sind.

Wer nach einem Urlaub in Griechenland ein Stück Mastix mit nach Hause nehmen möchte, kauft es am besten auf der Insel in der traditionellen Anbaugegend bei den Erzeugern oder in Apotheken und Souvenirgeschäften. In Athen oder Thessaloniki gibt es Mastix in Spezialgeschäften und Feinkostläden. Von zu Hause aus kann man Mastix über diverse Online-Händler bestellen.

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