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SOZ-Gipfel: Asien ohne den »Westen«
Raul Zelik über die Annäherung Indiens an China
Im globalen Süden wird das Treffen der »Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit« (SOZ) überwiegend mit Genugtuung beobachtet. In der SOZ-Initiative sind zehn euroasiatische Staaten zusammengeschlossen, die man hierzulande gern als »Schurkenstaaten« bezeichnet. Neben China und Russland gehören etwa Belarus und der Iran zur Ländergruppe. Doch der Umstand, dass auch UN-Generalsekretär António Guterres am Treffen im nordchinesischen Tianjin teilnimmt, macht deutlich, dass die Angelegenheit doch etwas komplexer ist.
Mit der Wiederannäherung Indiens an China gewinnt die SOZ-Initiative enormes Gewicht. 42 Prozent der Weltbevölkerung und 25 Prozent des Weltsozialprodukts werden den beteiligten Staaten zugerechnet. Zwar ist die Gruppe kaum mehr als ein symbolischer Zusammenschluss, doch auch der kann Wirkung entfalten.
Wenn die Bereitschaft von Staaten wächst, ohne die USA und EU multilateral zu kooperieren, wird das den US-Dollar als Welthandelswährung weiter untergraben. Die postkoloniale Ordnung, die vor allem Nordamerika und Westeuropa nutzte, erodiert.
Die Hoffnung vieler Linker im globalen Süden, daraus könne sich ein progressives Projekt entwickeln, ist allerdings wenig begründet. Der alte, US-dominierte Imperialismus wird einfach durch ein neues Gefüge auf- und absteigender Imperialismen abgelöst. Dass der Kapitalismus Chinas stärker unter staatlichem Kommando steht, ist für die unteren Klassen weltweit noch lange keine gute Nachricht. Ausbeutung, Vertreibung und Enteignung von Land bleiben fester Bestandteil des Weltmarkts.
Der Aufstieg asiatischer Staaten ist also kein soziales Projekt. Umgekehrt gilt allerdings auch: Aus Perspektive des Südens war die westlich geprägte Ordnung weder egalitär noch demokratisch.
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