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Spahn und Miersch in Kiew: Guckt mal wieder keiner
Daniel Säwert über den Besuch von Spahn und Miersch in Kiew
Stell dir vor, du kommst zu einem Solidaritätsbesuch und es scheint fast niemanden zu interessieren. So erging es den Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien Jens Spahn und Matthias Miersch bei ihrem in Kiew. Anders als sonst bei ausländischen Gästen gab es für den Christdemokraten und den Sozialdemokraten bei ihrem »Überraschungsbesuch« (der selbstverständlich bekannt war) keinen großen Bahnhof, kein Empfangskomitee ukrainischer Politiker, keine Journalisten. Der Staatsfunk begnügte sich mit einer Meldung, die aus Deutschland übernommen wurde. Unabhängige Medien heuchelten nicht einmal Interesse.
Es drängt sich die Frage auf, was Spahn und Miersch überhaupt in Kiew wollten, außer ein paar Fotos für ihre Wählerschaft daheim zu produzieren? Gut, sie waren eh in Ostpolen, von dort ist es nicht mehr weit. Doch Wolodymyr Selenskyj ist eh in ein paar Tagen wieder in Westeuropa unterwegs. Der Ukraine hat der Besuch gar nichts gebracht. Ihre überstrapazierten Solidaritätsbekundungen versendeten die Politiker schon während der Anreise via X, sodass es in Kiew keinen Anlass gab, diese vor schöner Kulisse zu wiederholen. Zumal niemand zum Zuhören da war. Oder zum Fragen, warum sie jetzt erst kommen, wenn ihnen doch so viel am Land liegt.
Bei aller deutschen Solidarität mit der Ukraine, davon hat man in Kiew wirklich mehr als genug. Statt warmer Worte erwartet man aber harte Währung in Form von Geld und Waffen oder wenigstens Investitionen. Und wenn Jens Spahn nicht aus Gewohnheit einen Maskendeal mitbringt, hatten die Deutschen den Ukrainern wenig bis gar nichts zu bieten. Anders als Finanzminister Lars Klingbeil in der Vorwoche, der Milliarden zur Rettung des ukrainischen Haushalts für das kommende Jahr im Gepäck hatte. Dafür bekam er auch einen herzlichen Empfang und Aufmerksamkeit von Politik und Medien.
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