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Macker, halts Maul!
Patrick Lempges zur Bestrafung verbaler sexueller Belästigung
Die Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) will verbale sexuelle Belästigung unter Strafe stellen. Gut so. Denn verbale sexuelle Belästigungen – in Aktivistenkreisen »Catcalling« genannt – wie Pfiffe, das Hinterherbrüllen unziemlicher Bemerkungen, oder offene Drohungen – sind keine unglücklich vorgetragenen Herrenwitze oder unbeholfene Anmachversuche testosterongetränkter Machos. Es sind Grenzüberschreitungen mit klaren Folgen: Angst, Scham und ein Verlust an Freiheit für die Betroffenen.
Die Krux: Der Tatbestand der sexuellen Belästigung setzt bislang eine körperliche Berührung voraus, der Tatbestand der Beleidigung schützt primär die Ehre, nicht die sexuelle Selbstbestimmung. Doch um sich mies zu fühlen, braucht es nicht erst Körperkontakt – deshalb sind Beleidigungen doch strafbar. Und verbale sexuelle Übergriffe haben dieselben Auswirkungen wie Beleidigungen: sie erniedrigen, schüchtern ein und untergraben Selbstbestimmung.
Denn eins ist klar: Solche verbalen Übergriffe sind keine Komplimente, sondern Ausdruck eines vom Täter imaginierten – oftmals leider realen Machtgefälles. Sie tragen stets die implizite Drohung physischer Gewalt in sich. Ein unausgesprochenes »oder sonst« schwingt stets mit, wenn jemand einer Frau auf offener Straße hinterherruft oder sie zum Stehenbleiben auffordert.
Damit ein Straftatbestand greifen kann, muss er jedoch klar definiert sein. Der Begriff des »Catcallings« selbst ist sehr weit gefasst und könnte zu stark von individueller Wahrnehmung abhängen – das könnte zu einem Hindernis werden. Die Symbolwirkung einer solchen neuen Regelung ist jedoch entscheidend. Es muss für alle klar sein, dass herabwürdigendes Verhalten tatsächliche Konsequenzen hat. Gerade für die junge Generation wäre ein solcher Tatbestand besonders wichtig, da er eine neue Normalität etabliert, an der sich junge Menschen orientieren können.
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