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Nikolai Statkewitsch wieder in Haft
Belarussischer Oppositioneller hatte sich nach Freilassung geweigert, das Land zu verlassen
Der erst vor wenigen Tagen freigelassene belarussische Oppositionspolitiker Nikolai Statkewitsch soll nach Medienangaben erneut im Gefängnis sein.
Statkewitsch gehört seit den 90er Jahren der Opposition gegen Präsident Alexander Lukaschenko an und trat 2010 bei der Wahl gegen ihn an. Anschließend bekam Statkewitsch eine sechsjährige Haftstrafe für die Organisation von Protesten, wurde 2015 von Lukaschenko aber begnadigt. Vor der Wahl 2020 wurde Statkewitsch erneut verhaftet und im Dezember 2021 wegen der Organisation von »Massenunruhen« zu 14 Jahren verurteilt. Die vergangenen zwei Jahre und sieben Monate saß der 69-Jährige in einer Einzelzelle ohne Kontakt zur Außenwelt. Informationen über seinen Zustand gab es nicht.
Lukaschenko hatte am 11. September nach Gesprächen mit dem US-Sonderbotschafter John Coale in Minsk insgesamt 52 politische Gefangene begnadigt. Unter ihnen waren auch 14 Ausländer, zwei davon Deutsche, wie das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte. Welche Gegenleistungen Lukaschenko dafür erhielt, ist im Detail nicht bekannt. Klar ist, dass Sanktionen gegen die staatliche Fluggesellschaft Belavia aufgehoben werden und die US-Botschaft in Minsk wiedereröffnet werden könnte.
Die begnadigten Häftlinge wurden ohne Papiere in einem Bus an die litauische Grenze gebracht. In einem Interview erklärte der Blogger Dmitri Koslow anschließend, nicht freigelassen, sondern abgeschoben worden zu sein.
Statkewitsch weigerte sich trotz Überredungsversuchen, nach Litauen zu gehen, und verbrachte mehrere Stunden in der neutralen Zone zwischen beiden Ländern, bis er von maskierten Männern zurück nach Belarus gebracht wurde. Zuvor hatte er erklärt, selbst über sein Schicksal entscheiden zu wollen.
Am Montagmorgen meldete das aus dem Exil agierende Portal Nascha Niwa unter Berufung auf informierte Quellen, Statkewitsch befinde sich erneut in der Haftanstalt von Glubokoje im Gebiet Witebsk im Nordosten von Belarus. Eine Bestätigung dafür gibt es nicht. Die Gefängnisleitung weigere sich, Informationen über den Aufenthaltsort Statkewitschs zu geben, schrieb seine Frau Marina Adamowitsch am Montag auf Facebook. Am Sonntag hatte Adamowitsch den 69-Jährigen bei der Polizei als vermisst gemeldet. Belarussische Staatsmedien behaupten, Statkewitsch sei doch nach Litauen gegangen.
Lukaschenko hatte zuletzt mehrfach politische Gefangene freigelassen, darunter am 21. Juni auch Sergej Tichanowskij, der 2020 gegen Lukaschenko bei der Präsidentschaftswahl antreten wollte. Nachdem die Zentrale Wahlkommission Tichanowskij nicht als Kandidat zugelassen hatte, wurde er zu 18 Jahren Haft verurteilt. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Wjasna befinden sich zurzeit 1168 politische Gefangene in belarussischen Gefängnissen.
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