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Neuer Notruf für Berlin
Nicht-akute Krankentransporte sollen künftig unter 19 222 bestellt werden können
8 Minuten und 14 Sekunden – so lange braucht ein Rettungswagen in Berlin durchschnittlich, bis er an seinem Einsatzort ankommt. In einem medizinischen Notfall, in dem jede Sekunde zählt, kann das eine durchaus lange Zeit sein. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will den Rettungsdienst nun schneller und effizienter machen. Ein entsprechendes Gesetz wurde am Dienstag im Senat beschlossen.
Der Rettungsdienst, der der Berliner Feuerwehr untergeordnet ist, klagte in den vergangenen Jahren immer wieder über Überlastung. Jahr für Jahr werden neue Rekorde bei der Zahl der Einsätze erreicht. 2023 musste der Rettungsdienst an jedem zweiten Tag den Notstand ausrufen. Zuletzt war bereits ein Triage-System bei der Notrufnummer 112 eingeführt worden: Patienten werden nach Schwere ihrer Erkrankung und der Dringlichkeit der Behandlung kategorisiert.
Die Zahl der Notrufe hat sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt. Der Hauptgrund für diese Entwicklung: Demografie. So sagt es zumindest Senatorin Spranger. »Ältere Patienten werden mehr und brauchen häufiger unsere Hilfe«, sagte sie im Anschluss an die Senatssitzung. Zugleich werde der Notruf aber auch immer häufiger genutzt, ohne dass ein medizinischer Notfall vorliege. Etwa 20 Prozent der Notrufe fielen laut Feuerwehrangaben in die zwei untersten Kategorien des neuen Triage-Systems.
Derlei Fälle sollen nach den Plänen des Senats deutlich reduziert werden. »Am besten reduzieren wir die Anzahl der Einsätze, indem wir Bagatelleinsätze vermeiden«, sagte Spranger. Dazu soll eine neue Telefonnummer eingerichtet werden, unter der sich Kranke melden können, die zwar einen Transport ins Krankenhaus benötigen, aber keinen Rettungseinsatz: 19 222. Verwaltet werden soll die Telefonzentrale hinter dieser Nummer von privaten Krankentransportunternehmen wie etwa dem Roten Kreuz oder den Johannitern, die anschließend auch den Transport übernehmen sollen.
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Von allen Einsätzen dieser Art wird die Feuerwehr durch die neue Rufnummer aber nicht entlastet. »Selbstverständlich« werde der Rettungsdienst auch weiter Krankentransporte übernehmen, wenn keine privaten Transportfahrzeuge zur Verfügung stehen, sagte Spranger. Man werde die Menschen nicht allein lassen.
Zudem soll es künftig nicht mehr vorgeschrieben sein, dass in jedem Rettungswagen ein Rettungssanitäter sitzen muss. Stattdessen sollen die Wagen auch nur mit niedrig qualifizierteren Notfallsanitätern oder Rettungsassistenten besetzt sein können. Bislang mussten Transportfahrzeuge abgemeldet werden, wenn sie nicht mit einem Rettungssanitäter besetzt werden konnten. »Die Rettungswagen standen dann im Stall rum«, sagte Landesbrandmeister Karsten Homrighausen. Damit reagiere die Feuerwehr auch darauf, dass die Zahl der Bewerbungen für die Ausbildung zum Rettungssanitäter zuletzt zurückging.
Auch ehrenamtliche Hilfe soll erleichtert werden. Demnach werden ehrenamtliche Kräfte beim Rettungsdienst der Freiwilligen Feuerwehr gleichgestellt. Das heißt: Sie müssen im Fall eines Einsatzes von ihrer Arbeit freigestellt werden und einen vollen Lohnausgleich erhalten.
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