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Trumps Krypto-Vorstoß

Der USD Coin wird zur Herausforderung für die US-Notenbank Fed und für Europa

Werbung für den USD Coin in Hongkong
Werbung für den USD Coin in Hongkong

US-Präsident Donald Trump attackiert seit Monaten mit wüsten Worten die US-amerikanische Notenbank und ihren Vorsitzenden Jerome Powell. Die Federal Reserve (Fed) solle endlich ihre Leitzinsen senken und damit die Konjunktur stärken. Tatsächlich sind diese mit 4,25 bis 4,50 Prozent vergleichsweise hoch – der Hauptrefinanzierungssatz der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt bei 2,15 Prozent. Da der Arbeitsmarkt schwächelt und die Inflation eher niedrig ist, ließe sich eine Zinssenkung gut begründen, wenn der Gouverneursrat der Fed an diesem Donnerstag in Washington zusammentritt.

Die erwartete Zinssenkung tritt mit Blick auf die Geldpolitik indes derzeit in den Hintergrund. Dass Inflation und Konjunktur bei Weitem nicht mehr die einzigen Herausforderungen sind, zeigte kürzlich ein hochkarätig besetzter »Innovationsgipfel«, den die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel veranstaltete. Das Dachgremium der großen Zentralbanken ließ über Klimakrise, Finanzkriminalität oder die rasant zunehmende Staatsverschuldung der USA reden. Und dann gibt es auch noch das Feld der Kryptowährungen, die in Gestalt von an eine Währung gekoppelten Stablecoins die gesamte Architektur der kapitalistischen Finanzmärkte in Frage stellen könnten. Stablecoins genügten einigen Anforderungen an eine Währung nicht, erklärte die BIZ in ihrem Jahresbericht 2025. Sie warnte vor Risiken im Zusammenhang mit Finanzkriminalität und einer Bedrohung der Geldsouveränität.

Insbesondere in den USA sollen privaten Stablecoins zukünftig Teil der öffentlichen Finanzstrategie werden. Die USA sind damit Vorreiter unter den Industriestaaten. Der USD Coin, so die offizielle Bezeichnung, ist eine Art digitaler Dollar, der auf dezentralen Blockchain-Datenbanken basiert. Bei der Unterzeichnung des »Genius Act« im Juli kündigte Präsident Donald Trump eine neue Ära für die digitale Finanzinfrastruktur an. In der Finanzindustrie macht das Wort vom »regulatorischen Meilenstein« die Runde, denn das Gesetz schafft erstmals einen umfassenden, verbindlichen Rechtsrahmen für Kryptogeld.

Das Gesetz verbietet zwar Zinszahlungen per USD Coin, und dieser nicht als Geldeinlage in den Wettbewerb mit Sparkonten treten. Das US-Recht erkennt Stablecoins aber als offizielles Zahlungsmittel neben dem Dollar an, das für Überweisungen verwendet werden kann, etwa im E-Commerce per Internet oder bei grenzüberschreitenden Zahlungen in alle Welt.

Der Gesetzesakt soll Stablecoins aus ihrer spekulativen Nische herausholen und zu einer tragenden Säule des Finanzsystems machen, schreiben die Analysten des Vermögensverwalters DPAM in Brüssel. Sie müssen daher 1:1 mit hochwertigen liquiden Vermögenswerten unterlegt werden, mit Bargeld, Bankeinlagen oder – und darum geht es im Kern – US-Staatsanleihen. Inhaber haben im Insolvenzfalle oberste Priorität. Stablecoins sind damit kein riskantes Versprechen wie andere Kryptowährungen mehr, sondern eine gesetzlich geschützte Forderung. Und: »Das Gesetz positioniert den Dollar als dominierende Währung des digitalen Zeitalters«, lautet das Fazit der DPAM-Analyse.

Ähnlich argumentiert die Kryptoszene in ihren zahlreichen Newslettern. Mit diesem Deal will Krypto-Fan Trump die weltweite Nachfrage nach digitalen Dollar in einen Strom zinsloser Kapitalflüsse in Richtung US-Staatskasse umleiten. »Sollte sich der USD-Stablecoin als Leitwährung durchsetzen, was mangels Alternativen angesichts seiner wachsenden Nutzung in Schwellenländern wahrscheinlich ist, erfüllt sich Trumps strategisches Ziel: Zinszahlungen verlassen nicht mehr das Land«, heißt es beispielsweise auf Paymantbanking.com. Denn wenn Stablecoins über US-Staatschuldenpapiere gedeckt werden müssen, wird sich Trumps Regierung dadurch leichter, das heißt auch, zu einem niedrigeren Zinssatz, refinanzieren können. Der Schuldenberg der USA ist in Summe der höchste weltweit und mit einer Quote von rund 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes doppelt so hoch wie der deutsche.

Aus EU-Sicht hat Washington erneut Fakten geschaffen, die nicht spurlos am alten Kontinent vorbeiziehen werden. Ohnehin beherrschen US-Zahlungsdienstleiter wie Visa, Mastercard und Paypal den europäischen Markt. EZB-Präsidentin Christine Lagarde wird nach der Stablecoin-Entscheidung ihre Pläne für einen digitalen Euro, kurz D€, weiter beschleunigen wollen.

Auch für die Fed und ihren Präsidenten Powell stellt sich nun die Frage, wie weit ihr Rohstoff, der »reale« Dollar, davon in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Notenbanker hoffen, dass strenge Vorschriften in Bezug auf Reserven, Lizenzen und Transparenz den USD Coin als offizielles digitales Zahlungsmittel etablieren, ohne dass Vertrauen in das Finanzsystem verloren geht. Sicher ist das aber keineswegs. Auf die Legalisierung des Stablecoin reagierte die Notenbank mit der Ankündigung einer großen Konferenz zum Thema, die Ende Oktober in Washington »eine Reihe interessierter Parteien« zusammenbringen soll.

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