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Trump und die US-Rechte: Die Toleranz des Jens Spahn
Patrick Lempges über Spahns Apologetik der US-Rechten
Vergangenen Sonntag wollte die Moderatorin Caren Miosga über Donald Trumps Beschädigung der Demokratie diskutieren. Eingeladen waren ausgewiesene US-Expertinnen – und Jens Spahn (CDU). Spahns Kontakte in die amerikanische Rechte reichen offenbar, um als »US-Experte« durchzugehen, so soll Spahn enge Beziehungen zum trumpnahen Tech-Milliardär Christian Angermayer und zu Trumps Ex-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, pflegen. Doch Spahns »Expertise« erschöpfte sich in Parteinahme für die US-Rechte, die weit über das übliche Transatlantik-Pathos hinausging.
Seine Gesprächsstrategie bestand aus Abwiegeln und Schönreden. Die Absetzung des kritischen Moderators Jimmy Kimmel? Nicht gut, aber dasselbe wie linke Cancel Culture. Der Diskurs in den USA sei leider auf beiden Seiten vergiftet. Am gefährlichsten waren jedoch seine vor Doppelmoral triefenden Ausführungen zur Toleranz. Die Positionen des erschossenen rechtsradikalen US-Aktivisten Charlie Kirk seien sehr konservativ, sehr liberal und sehr klar – jedenfalls »nicht weniger legitim«, auch wenn er nicht alle teile. Spahn warnte: »Wir müssen aufpassen, dass wir nicht andere Meinungen immer gleich zu extremistischen erklären und damit versuchen, die Debatte zu beenden.« Nur eine Woche zuvor hatte er in einer Rede die Linke noch in die Nähe des stalinistischen Terrors gerückt. Wo war da die nüchterne Toleranz? Spahns Toleranz ist interessengeleitet und substanzlos. Aus Sorge um die Beziehungen zu Washington macht sich Spahn – im Balzkampf mit der AfD um die Gunst der MAGA-Köpfe – zum Apologeten des amerikanischen Rechtsradikalismus.
Denn eines ist klar: Kirk war nicht einfach ein medienaffiner Konservativer, ein junger Mitt Romney oder Bush senior. Er war klar rechtsradikal und er und die seinen verdienen unsere Kritik nicht, weil sie eine »andere« Meinung vertreten als Linke, sondern weil ihre spezifische Meinung grundlegend menschenverachtend ist: So behauptete Charlie Kirk, dass Haiti von dämonischem Voodoo durchsetzt sei und haitianische Immigranten »eure Frauen vergewaltigen und nachts auf euch Jagd machen.« Er setzte sich gegen die Trennung von Kirche und Staat und das Recht auf Abtreibungen ein. Den Islam bezeichnete er als »das Schwert, das die Linke benutzt, um den Hals Amerikas aufzuschlitzen.« Er warnte, dass jüdische Geldgeber »die wichtigste Finanzierungsquelle für radikale, neoliberale, quasi-marxistische Politik« seien und »das philosophische Fundament der Anti-Weiße-Bewegung« größtenteils »von jüdischen Spendern« finanziert würden. Nein – das sind keine legitimen Meinungen.
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