Nvidia und OpenAI: Investment mit Rückschein

Chiphersteller Nvidia steigt groß bei KI-Entwickler OpenAI an

Jensen Huang, Chef des Chipkonzerns Nvidia, bei der Präsentation der neuen DGX Station, eines Desktop-KI-Supercomputers für Entwickler, Forscher und Datenwissenschaftler
Jensen Huang, Chef des Chipkonzerns Nvidia, bei der Präsentation der neuen DGX Station, eines Desktop-KI-Supercomputers für Entwickler, Forscher und Datenwissenschaftler

Das »größte KI-Infrastrukturprojekt der Geschichte« samt seiner Energieversorgung wollen der Chiphersteller Nvidia und die Softwarefirma OpenAI auf die Beine stellen. Wie die beiden US-Unternehmen am Montag (Ortszeit) mitteilten, solle die Infrastruktur dazu genutzt werden, »KI-Technik aus dem Labor in die Welt zu bringen«. Die Investition von bis zu 100 Milliarden US-Dollar soll schrittweise erfolgen. »Die erste Phase« werde in der zweiten Hälfte 2026 mit dem Einsatz von Chipsystemen der neuen Nvidia-Plattform Vera Rubin »online gehen«, hieß es.

Der OpenAI-Chatbot ChatGPT löste mit der Veröffentlichung im November 2022 den Hype um Künstliche Intelligenz aus. Es ist die meistverwendete KI-Software mit derzeit mehr als 700 Millionen wöchentlich aktiven Nutzern. Nvidia mit Sitz in Santa Clara (Bundesstaat Kalifornien) wiederum ist zentraler Lieferant von Chipsystemen für Training und Betrieb von Software mit Künstlicher Intelligenz. Das Unternehmen verzeichnete im zweiten Quartal 2025 einen Rekordgewinn von 26,4 Milliarden US-Dollar bei einem Umsatz von 46,7 Milliarden Dollar, der fast vollständig auf das Geschäft mit Rechenzentren für KI-Anwendungen zurückzuführen ist. Der Hersteller liefert nicht mehr nur Prozessoren, sondern mittlerweile auch schlüsselfertige Komplettsysteme.

Laut Informationen der Nachrichtenagentur Reuters sieht die Vereinbarung vor, dass Nvidia für seine Milliarden nicht stimmberechtigte Anteile an OpenAI bekommt; die KI-Firma werde für das Geld Nvidia-GPUs kaufen. Ein Großteil der Investsumme könnte so wieder an den Hardwarekonzern zurückfließen.

Das könnte umso wichtiger werden, als Nvidia ein Ausschluss von einem der großen Märkte droht. So will die US-Regierung von Donald Trump Lieferungen der als strategisch wichtig geltenden Prozessoren nach China beschränken. Zumnächst stand ein Verbot im Raum, dann wurde zu diesem Zweck ein bisher beispielloser Exportzoll von 15 Prozent festgelegt. Darüber hinaus berichtete vor wenigen Tagen die britische Zeitung »Financial Times«, die Internet-Aufsichtsbehörde in Peking habe Unternehmen in der Volksrepublik aufgetragen, Bestellungen des eigens für den chinesischen Markt entwickelten KI-Chip-Modells RTX Pro 6000D von Nvidia zu stornieren. Ferner wurde verboten, das Modell weiter zu testen. Zuvor hatten zahlreiche chinesische Unternehmen angedeutet, zehntausende Chips des Typs zu bestellen. Die Behörde hegt Sicherheitsbedenken. Wegen der politischen Spannungen mit den USA setzen chinesische Technologiekonzerne verstärkt auf KI-Prozessoren aus heimischer Produktion. Gerade im KI-Bereich hinkt man aber deutlich hinterher, auch wenn Huawei mit einer gerade angekündigten Roadmap in den kommenden Jahren aufholen möchte.

Für Nvidia gibt es Branchenexperten zufolge indes auch Fragezeichen bei der Kooperation mit OpenAI. So könnte die Mega-Kooperation womöglich andere Chip-Großkunden dazu bringen, sich nach Alternativen zu Nvidia umzuschauen. Daher beteuerte das Unternehmen: »Wir werden weiterhin jeden Kunden mit höchster Priorität behandeln, ob wir an ihm einen Anteil haben oder nicht.«

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Das ist freilich nicht so einfach, denn alle Techgiganten arbeiten derzeit fieberhaft am Ausbau ihrer Rechenzentren-Infrastruktur. Amazon, Google, Microsoft und zuletzt auch der Facebook-Konzern Meta kündigten zweistellige Milliardeninvestitionen allein für 2025 an. Mark Zuckerberg kündigte ein neues Rechenzentrum in Rishland Parish, Louisiana, an, dessen Grundriss so groß sein soll, dass er in etwa halb Manhattan ausfüllen würde.

OpenAI wiederum gab vor zwei Wochen einen 300 Milliarden US-Dollar schweren Deal mit dem IT-Konzern Oracle für Cloud-Computing-Leistungen über einen Zeitraum von etwa fünf Jahren an, beginnend 2027. Hinzu kommt das von der Trump-Regierung geförderte Project Stargate, das den Aufbau einer 500 Milliarden teuren KI-Infrastruktur zum Ziel hat.

Die Finanzierung ist indes alles andere als gesichert: Die Beraterfirma Bain & Co. hat errechnet, dass die »Magnificent Seven«, die weite Teile der globalen IT-Infrastruktur beherrschen, bis 2030 zusammen auf zwei Billionen US-Dollar kommen müssten, um den erwarteten Bedarf an Rechenleistung zu bezahlen. Erwartet würden aber nur 1,2 Billionen.

Bei vielen Vorhaben ist zudem offen, woher der benötigte Strom kommen soll. Allein die gemeinsamen Rechenzentren von Nvidia und OpenAI würden den Angaben zufolge mindestens zehn Gigawatt an Leistung umfassen. Das entspräche in etwa der Leistung von zehn Atomreaktoren, die den Elektrizitätsbedarf von acht bis neun Millionen Haushalten für ein ganzes Jahr decken.

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