Den Bayern zieht niemand die Lederhosen aus

Der Rekordmeister aus München lässt Eintracht Frankfurt im Spitzenspiel der Bundesliga keine Chance

  • Frank Hellmann, Frankfurt
  • Lesedauer: 4 Min.
362. Sieg im 529. Bundesligaspiel: Manuel Neuer schloss gegen Frankfurt zu einer anderen Bayern-Ikone auf.
362. Sieg im 529. Bundesligaspiel: Manuel Neuer schloss gegen Frankfurt zu einer anderen Bayern-Ikone auf.

Manuel Neuer streckte nach Schlusspfiff die Arme in den verregneten Himmel über der Mainmetropole. Mit dieser Geste war der Torwart des FC Bayern allerdings allein, denn die Feldspieler bejubelten den souveränen 3:0-Auswärtssieg bei Eintracht Frankfurt ohne jeden Überschwang. Der Balljunge hinter Neuers Tor bekam noch die Handschuhe des früheren Nationaltorwarts, der auch mit fast 40 immer noch auf der Höhe der Zeit ist. Ein nettes Präsent, denn die berühmten Lederhosen der Bajuwaren bekommt in dieser Verfassung wohl in Deutschland niemand mehr zu fassen.

Die Ikone zwischen den Pfosten hat nunmehr in 529 Bundesligaspielen 362 Siege eingefahren – und mit Thomas Müller gleichgezogen. Wenn es gut läuft, könnte im Klassiker gegen Borussia Dortmund nach der Länderspielpause der Klubkollege überholt werden. »Das ist auf jeden Fall geil. Das Schöne ist, dass wir noch einiges vor der Brust haben und noch Spiele kommen werden. Wir spielen immer, um zu gewinnen«, sagte Neuer bestens gelaunt.

Mit makelloser Bilanz zum Wiesn-Besuch

Eigentlich hätten die Bayern direkt über den Parkplatz zum Frankfurter Oktoberfest spazieren können, doch der obligatorische Wiesn-Besuch stand ja erst am Sonntag an – und die Münchner Edelkicker müssen natürlich beim Original präsent sein. Mit dem PR-Brimborium, das bei solch einer Festivität eines Weltvereins üblich ist. Was zweifelsohne neben der Tracht bestens passte, war der Zeitpunkt. »Wir gehen mit der Familie hin und trinken mal ein Bier. Ein bisschen Kultur und Familie, wir werden die Zeit nutzen«, freute sich Trainer Vincent Kompany.

Die Maß zum Wochenendausklang schmeckt auch deshalb gut, weil seine Mannschaft das Maß aller Dinge im nationalen Wettbewerb darstellt. Sechs Siege aus sechs Spielen in der Liga mit einer Torbilanz von 25:3, wettbewerbsübergreifend sogar zehn Siege in zehn Spielen sind eine makellose Bilanz für den Branchenprimus, der im Sommer weniger Fehler auf dem Transfermarkt gemacht hat, als viele Kritiker behauptet haben.

Der beste Saisonstart seit der Triple-Saison 2012/2013 unter Jupp Heynckes stimmte deshalb auch Sportvorstand Max Eberl fröhlich. Das Team würde es gerade »leicht aussehen« lassen. Aus seiner Sicht habe die Münchner Mannschaft durch das Viertelfinalaus in der Champions League gegen Inter Mailand in der vergangenen Spielzeit und das Erlebnis bei der Klub-WM im Sommer jene Momente gehabt, die den neuen Zusammenhalt ausmachen. Gerade die vier Klub-WM-Wochen in den USA hätten »für uns als Gruppe noch einmal einen Riesen-Impact« gehabt. Für den oft gescholtenen Eberl ist da etwas Besonderes am Wachsen: »Dieses gegenseitige Vertrauen in die Spieler, in den Staff und den Trainer hat sich in den letzten 19 Monaten entwickelt. In so einem Prozess gibt es auch Rückschläge. Im Sommer haben wir noch einmal Puzzlestücke hinzugefügt.« Diese Bestandsaufnahme enthielt auch ein bisschen Eigenlob.

Diaz mausert sich zum Glücksgriff

Vielleicht war die Verpflichtung von Luis Diaz für 70 Millionen Euro Ablöse – ein Betrag, den übrigens kein anderer Bundesligist aufbringen kann und will – doch ein Glücksgriff. Der Kolumbianer legte in Frankfurt eine famose Vorstellung hin und drückte nach 15 Sekunden eine Vorlage von Serge Gnabry über die Linie. In der 27. Minute bewegte sich Diaz dann geschickt in der Zentrale, um das elfte Saisontor von Harry Kane aufzulegen. Und in der 84. Minute donnerte der 28-Jährige den Ball gnadenlos unters Tordach, nachdem er den indisponierten Nationalspieler Robin Koch zuvor wie einen Schulbuben hatte stehen lassen.

»Was er bei seinen ersten Schritten in Deutschland macht, ist beeindruckend.  Aktivität und Energie sind immer da. Seine Art und Weise passen sehr gut zu uns. Der Junge arbeitet sehr viel«, lobte Trainer Kompany die Weltklassevorstellung der Neuerwerbung vom FC Liverpool, die in sechs Bundesligaspielen nun schon neun Scorerpunkte gesammelt hat. Die Viererbande mit Gnabry, Kane, Diaz und dem diesmal von DFB-Neuling Nathaniel Brown leidenschaftlich beschatteten Michael Olise ist wegen ihrer Positionsrochaden kaum zu greifen. »Das macht einen Riesenspaß. Wir wechseln viel miteinander«, sagte Gnabry im ZDF-Sportstudio.

Frankfurt scheitert als Bayern-Jäger

Weniger vergnüglich sind dagegen die Aussichten auf einen spannenden Meisterschaftskampf in der Bundesliga. Wenn nach der Länderspielpause auch der BVB gegen diese Bayern nichts ausrichten kann, droht schon früh in der Saison große Langeweile an der Tabellenspitze. Die Eintracht als Dritter der Vorsaison war letztlich chancenlos in diesem Topspiel. Mit der finanziellen Übermacht – allein der Personalaufwand der Bayern von 396,5 Millionen Euro lag 2024 höher als der Gesamtumsatz in Frankfurt – wird die Konkurrenz erdrückt. »Die Bayern sind außergewöhnlich gut mit ihrer individuellen Qualität in Defensive und Offensive«, gestand Sportvorstand Markus Krösche. »So weit sind wir noch nicht.« So schnell wird die Adlerträger niemand mehr als Bayern-Jäger bezeichnen.

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