Klagen, aber auf hohem Niveau

Impfkampagnen von oben herab erreichen nicht die Richtigen

Die Impfquote ist bei Influenza besonders niedrig.
Die Impfquote ist bei Influenza besonders niedrig.

Impfprogramme haben es schwer in Zeiten der Desinformation. Die gibt es zwar schon, seit Vakzine entwickelt werden, aber Social Media und der Aufschwung ultrarechter Kräfte geben ihr einen lautstarken Klangkörper. Zumal nicht nur dreiste Lügen über angebliche Gefahren oder Nutzlosigkeit von Vakzinen kursieren, sondern es auch ein nachvollziehbares Unbehagen gibt. In der Pandemie wurde zu großer Schaden angerichtet: durch die fachlich unsinnige Debatte über Impfpflicht und fragwürdigen Umgang mit Risiken oder Impfempfehlungen. Und dass die Pharmaindustrie auf obszön hohe Gewinne setzte und arme Länder umging, sorgt erst recht nicht für Vertrauen in Vakzine.

Politisierung und Kommerzialisierung haben beim öffentlichen Gut Gesundheit nichts zu suchen. Daher ist es zwar okay, wenn jetzt zum Start der Impfsaison Politiker und Interessengruppen von Pharmaindustrie, Apotheken und Ärzten zum Impfen aufrufen. Kampagnen von oben herab erreichen aber nicht Leute, denen es an Information und Zugang fehlt. Dafür braucht es auf Zielgruppen ausgerichtete, partizipative Strategien mit niederschwelligen Angeboten in den Communitys und Vierteln.

Es ist ein Knäuel aus aggressiver Impfgegnerschaft, Impfskepsis, -müdigkeit und fehlendem Wissen, das die Impfbereitschaft schwächt. Gleichwohl darf man das Problem nicht schon wieder überdramatisieren. Trotz einzelner Fälle von Masern und Diphtherie oder Warnungen vor in ferner Zukunft drohenden Tropenkrankheiten: Die Impfquoten im reichen Deutschland sind gut. Und die Versorgung mit Vakzinen ist eine Selbstverständlichkeit – anders als in vielen Ländern des Globalen Südens mit weit extremeren Gesundheitsproblemen. Klagen sind berechtigt, aber: Sie bewegen sich auf hohem Niveau.

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