Impfungen unter Beschuss

Programme leiden weltweit unter Konflikten, Finanznot und Desinformation

Polio-Impfung in Malawis Hauptstadt Lilongwe: Anders als hier erreichen Vakzine viele Kinder nicht.
Polio-Impfung in Malawis Hauptstadt Lilongwe: Anders als hier erreichen Vakzine viele Kinder nicht.

Impfprogramme bewegen sich in einem zunehmend schwierigen globalen Umfeld, heißt es im Abschlussbericht eines Treffens der »Strategischen Expertengruppe für Immunisierung«. Das Beratergremium der Weltgesundheitsorgansiation (WHO) verweist darin auf »geopolitische Instabilität, eingeschränkte globale Finanzierungsmöglichkeiten und gekürzte nationale Gesundheitsbudgets«. Zudem gefährde eine Informations- und Vertrauenskrise bisherige Erfolge im Bereich der Impfungen.

In der Covid-19-Pandemie gingen die Impfquoten wegen der Lockdowns und überforderter Gesundheitsinfrastruktur spürbar zurück. Weltweit haben sie sich weitgehend auf das Niveau vor Corona erholt, schreiben die Experten. Und bei der Einführung von HPV- und Malaria-Impfstoffen seien »bahnbrechende Fortschritte erzielt worden«. Doch es gebe auch neue Rückschritte in Dutzenden Ländern, wo sich klassische Armutskrankheiten wie die Cholera, die eigentlich gut behandelbar und zu verhindern wären, durch Konflikte und Klimawandel wieder ausbreiten. 2024 bekamen zudem laut WHO 14,3 Millionen Kinder im ersten Lebensjahr keine einzige der drei notwendigen Dosen gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten, mit denen Impfungen üblicherweise starten. UN-Impfziele für 2030 sind vielerorts in Gefahr oder schlicht nicht mehr erreichbar.

Auch in wohlhabenden Ländern ohne nennenswerte Finanzprobleme werden stagnierende oder gar rückläufige Impfquoten beobachtet, meist aber auf hohem Niveau. In Deutschland liegen diese bei den meisten Schutzimpfungen für Säuglinge und Kinder weiter bei über 90 Prozent. Das Robert-Koch-Institut beobachtet »ein unterschiedlich stark ausgeprägtes Nachlassen der Impfquoten«. Vor allem aber würden Impfserien später als empfohlen begonnen und dann oft nicht abgeschlossen. Besonders niedrig sind die Quoten bei der für Risikogruppen empfohlenen jährlichen Auffrischimpfung gegen Influenza, bei der sich zuletzt nicht einmal 40 Prozent pieksen ließen. Zum Start der Erkältungssaison soll eine »Lange Nacht des Impfens« in Apotheken an diesem Mittwoch und Politikeraufrufe etwa in Brandenburg Bürger zum Impfen bewegen.

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