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Solidaritätsabbau mit der SPD
Sebastian Weiermann über die Politik der SPD gegen Arme, Kranke und Migrant*innen
Wer soll das noch wählen? Das frage ich mich wirklich, nach der letzten Woche mit der SPD. Quasi jeden Tag wurde eine Entscheidung aus Kabinett, Bundestag oder Koalitionsausschuss bekannt, die man als eigentlich untragbar für Sozialdemokratinnen bezeichnen muss. Arme Menschen, solche, die Krankheiten haben oder nicht aus Deutschland kommen, scheinen jedenfalls nicht mehr zur Zielgruppe der SPD zu gehören. Die Einbürgerung von Mustermigrantinnen nach drei Jahren wurde diese Woche abgeräumt. Die CDU findet, sie lockt zu viele Ausländer an. Ausländer, eh so ein Problem. Mit ihrem Gesetzentwurf für das Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (Geas) verspricht die Bundesregierung, Asylsuchende ab 2026 quasi automatisch knastartig einzusperren. Nennenswerten Widerstand gegen die strafenden und jede Idee von Integration ablehnenden Pläne gibt es von den Sozialdemokratinnen nicht.
Gut, diese Migrantinnen können die SPD nicht wählen, schon gar nicht ohne Einbürgerung. Aber die Sozis wollen auch Wählerinnen loswerden. Cannabis-Nutzerinnen zum Beispiel. Die Verschreibung von Cannabis per Telemedizin und der Onlineversand sollen bald wieder Geschichte sein. Einfach, weil die Union es möchte. Ein Geschenk für den Schwarzmarkt, eine Strafe für Cannabispatient*innen im ländlichen Raum, die keine Cannabis liefernden Apotheken in der Nähe haben. Ob die SPD im Bundestag noch etwas dagegen tut, ist mehr als fraglich.
Auch die Verschärfungen bei der Grundsicherung werden in erster Linie Menschen treffen, denen es schlecht geht. Mehrfache Terminversäumnisse beim Jobcenter können in Zukunft zur Streichung der kompletten Geldleistungen und der Kosten der Unterkunft führen. Es droht Obdachlosigkeit. Man will so »Totalverweigerer« ans Arbeiten kriegen. Dass die angeblichen Verweigerer meist mannigfaltige Probleme haben, wird dabei außer Acht gelassen.
Wie viel Soziales in der SPD steckt, man kann es sich ja schon lange und immer wieder fragen. Aber der Solidaritätsabbau der vergangenen Tage, er ist schon besonders bemerkenswert.
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