A100 in Berlin: Brückenbau im Rekordtempo

Im Sommer 2026 soll die A100 am Dreieck Funkturm wiederhergestellt sein

Die Bagger stehen schon bereit: Die A100-Brücke wird neu gebaut.
Die Bagger stehen schon bereit: Die A100-Brücke wird neu gebaut.

Fast genau sieben Monate nach der Sperrung der Ringbahnbrücke der A100 feiern Politik und Autobahnverwaltung am Montag den offiziellen Start der Arbeiten für den Ersatzneubau.

Am 19. März musste die Brücke wegen Rissen gesperrt werden. Für 80 Millionen Euro soll nun bis Sommer 2026 die Ringbahnbrücke neu entstehen, außerdem die weiter nördlich liegende Westendbrücke, die im Zuge der Sperrung ebenfalls abgerissen worden war. Auch sie ist seit Jahren marode.

Bis zu 230 000 Fahrzeuge täglich passierten vor dem Kollaps die A100 im Bereich des Dreiecks Funkturm. Für Autos gibt es inzwischen eine Spur Richtung Wedding, sämtlicher Schwerverkehr darf den Abschnitt gar nicht mehr befahren, was die Anwohnenden auf den Umleitungsstrecken seitdem schmerzlich jeden Tag erleben. Insgesamt ist der motorisierte Verkehr deutlich zurückgegangen.

Richtig los geht der Neubau mit einem weiteren Abriss. Innerhalb von 79 Stunden soll ab dem 30. Oktober um 22 Uhr noch die A100-Brücke über die Osthälfte der Halenseestraße beseitigt werden.

»Gerade mal im Frühjahr war die bittere Situation, dass hier eine Sperrung der Ringbahnbrücke angeordnet werden musste. Und so, wie die Politik das versprochen hat, ist bereits jetzt im Herbst die Situation da, dass nicht nur abgerissen ist, sondern dass ausgeschrieben wurde, geplant wurde, ein neuer Auftrag erteilt wurde und wir heute den Spatenstich vornehmen können«, resümiert Christian Hirte (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, die zurückliegenden Monate.

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Tatsächlich lief bisher alles in Rekordzeit. Bereits am 28. April war die alte Ringbahnbrücke abgerissen, und die für S-Bahn-Fahrgäste schmerzhafte lange Sperrung der Ringbahnlinien S41, S42 und S46 in dem Bereich konnte wieder aufgehoben werden. Doch auch der Fernzugverkehr war betroffen. Zwar wird dieser Abschnitt der Ringbahn nicht im regulären Fahrgastbetrieb befahren. Allerdings ist er eine wichtige Verbindung zu Abstellgleisen im Grunewald und zudem Umleitungsstrecke bei Störungen an anderen Verbindungen.

Wie ihre Vorgängerin soll die neue Ringbahnbrücke rund 200 Meter lang, allerdings nicht aus Spannbeton sein. Diesmal wird es eine Stahlbrücke mit Betonauflage werden. Was die Anwohner insbesondere der Dernburgstraße freuen wird, sind die neuen Lärmschutzwände. Um rund die Hälfte sollen sie die Lärmbelastung senken.

»Statt des klassischen Taktschiebeverfahrens montieren leistungsstarke Raupenkräne den Überbau. Eine Methode, die die Sperrpausen bei der Ringbahnbrücke im Bahnverkehr deutlich reduzieren wird«, verspricht Michael Güntner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Autobahn GmbH des Bundes.

Los geht es vergleichsweise sanft mit nächtlichen Sperrungen der Ringbahnlinien zwischen Halensee und Westend am 30. und 31. Oktober jeweils zwischen 22 Uhr und 1.30 Uhr.

Bahn-Insider berichten über geplante eingleisige Sperrungen am Wochenende vor Weihnachten und an wenigen weiteren Wochenenden im Jahr 2026, die immerhin noch einen 20-Minuten-Takt der Linien S41 und S42 ermöglichen. Im Frühjahr und Herbst 2026 stehen demnach wenige Wochenend-Vollsperrungen der Ringbahn im Bereich an. Wenn es tatsächlich dabei bleibt, werden die S-Bahn-Fahrgäste tatsächlich kaum von den Brückenbauarbeiten tangiert.

Tatsächlich wurde bei dem Projekt vieles anders gemacht als sonst. Bei der Ausschreibung spielte der günstigste Preis eine untergeordnete Rolle. Stattdessen wurde auf Vorschläge gesetzt, wie der Bau besonders zügig vorangehen kann. Ein Beispiel dafür nennt der Autobahn-Chef Michael Güntner: »Auch der Stahl, der eingesetzt werden wird, ist ein besonderer Stahl. Das ist wetterfester Stahl, der keiner nachträglichen Beschichtung bedarf, und damit gewinnen wir zusätzliche Zeit.«

Besonders zeitsparend war jedoch der Umstand, dass sowohl Ringbahn- als auch Westendbrücke aus dem bereits seit Jahren laufenden Planfeststellungsverfahren für den kompletten Neubau des Autobahndreiecks Funkturm herausgelöst werden konnten. Sie werden als Ersatzneubau der Bestandsbauwerke gewertet, was das Genehmigungsverfahren wesentlich vereinfacht.

Offenbar waren die Behörden auch großzügiger als sonst in dieser Bewertung. Beim Ersatz von Straßenbahngleisen muss sich die BVG regelmäßig damit herumschlagen, dass ab einer Verschiebung der Gleislage über 80 Zentimeter die Behörden ein Planfeststellungsverfahren verlangen. Dass auch die bis zu acht Meter hohen neuen Lärmschutzwände für die Autobahn durchgewunken worden sind, dürfte auch als großes Entgegenkommen zu werten sein.

»Das wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht viele der genannten Akteure tatsächlich in den letzten Wochen und Monaten alles hätten hinten anstehen lassen, keine Wochenenden, keine Nächte gescheut hätten, um Genehmigungen zu erteilen, um Planungen zu erstellen, um Vergabeverfahren durchzuführen«, sagt Andreas Irngartinger. Er ist technischer Geschäftsführer der Deges. Das öffentliche Unternehmen ist für Planung und Bau der Brücken zuständig.

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) ist voll des Lobes. In der Abrissphase der alten Brücken seien 11 000 Tonnen Bauschutt weggeschafft worden, 70 Beschäftigte seien rund um die Uhr im Einsatz gewesen. »Das ist Rekordtempo. Und ich wünsche mir, dass das das neue Normal in Berlin ist«, so Wegner weiter.

»Ich wünsche mir, dass das neue Normal in Berlin ist.«

Kai Wegner (CDU)
Regierender Bürgermeister

Schnell ist Wegner bei seinem Lieblingsthema, der A100 als »einer der Hauptschlagadern der deutschen Hauptstadt«, die »so viel Verkehr aus den Wohngebieten« ziehe.

»Der 16. Bauabschnitt war und ist richtig. Und der 17. Bauabschnitt muss logischerweise folgen. Damit wir die Verkehre auch hier aus den Wohngebieten rausziehen und für eine leistungsfähige Infrastruktur sorgen«, wiederholt Wegner sein Mantra, dass die A100 unbedingt vom Treptower Park weiter bis nach Lichtenberg verlängert werden müsse.

»Wir werden natürlich auch bei den Planungen zum Neubau des 17. Bauabschnitts der A100 im Osten der Bundeshauptstadt dafür Sorge tragen, dass das, was mit dem 16. Bauabschnitt jetzt gestartet ist, dann vernünftig fortgeführt wird«, hatte zuvor schon Staatssekretär Christian Hirte bekannt.

Das ist bemerkenswert angesichts des riesigen Sanierungsaufwands im Bestandsnetz, den Hirte nur kurz vorher aufgezählt hatte: den Neubau von Rudolf-Wissell-Brücke, des Autobahndreiecks Funkturm und die Sanierung der A111. »Das sind alles erforderliche Maßnahmen, weil die Infrastruktur halt ziemlich in die Jahre gekommen ist und einer dringenden Überarbeitung und Sanierung bedarf«, sagte er.

»Dieser Spatenstich ist mehr als der Startschuss für eine einzelne Brücke. Er steht symbolisch für die Mammutaufgabe der Brückenmodernisierung in ganz Deutschland, die vor uns liegt. Wir reden über 4500 Brückenteilbauwerke in ganz Deutschland, im Kernnetz hochbelasteter Autobahnen«, ergänzt Autobahn-Chef Güntner die Liste.

Es ist inzwischen kein Geheimnis mehr, dass nicht nur die Finanzierung der Bestandssanierung schon kaum zu stemmen ist. Ganz abgesehen davon, dass in allen Bereichen – Planung, Genehmigung, Bau – vorne und hinten Personal fehlt.

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