»Ein schöner Erfolg« für die DFB-Frauen

Mit dem Triumph über Frankreich in der Nations League belegen die deutschen Fußballerinnen ihren Reifeprozess

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 4 Min.
Starker Auftritt: Torschützin Nicole Anyomi (r.) überzeugte gegen Frankreich im Sturm­zentrum.
Starker Auftritt: Torschützin Nicole Anyomi (r.) überzeugte gegen Frankreich im Sturm­zentrum.

So schnell verschwinden die Bilder nicht aus dem Gedächtnis. In der Nacht des 23. Juli in Zürich zelebrierte das spanische Team um Weltfußballerin Aitana Bonmatí nach dem Halbfinalsieg bei der Europameisterschaft gegen den Angstgegner Deutschland demonstrativ eine Freudenparty – als hätten sie bereits den Titel gewonnen. Die damalige DFB-Kapitänin Janina Minge schlich hingegen im Regen bedröppelt über den Vorplatz im Stadion Letzigrund.

So schnell sieht man sich wieder: In den Finalspielen der Nations League flammen die Erinnerungen an die Erlebnisse in der Schweiz wieder auf. Dem Kraftakt der deutschen Fußballerinnen beim 2:2 im Halbfinalrückspiel am Dienstagabend in Frankreich folgt das Hinspiel um den Titel am 28. November im Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern, das Rückspiel wird vier Tage später im Estadio Metropolitano von Atlético Madrid angepfiffen.

Es winkt der erste Titel seit neun Jahren

»Die Entwicklung, die die Mannschaft seit Oktober 2024 gemacht hat, die habe ich mir erhofft«, sagte Christian Wück. Der Bundestrainer und sein Team haben innerhalb eines Jahres einen erstaunlichen Reifeprozess durchgemacht. Als Wück am 25. Oktober mit den DFB-Frauen im Wembley-Stadion debütierte, deutete der wilde Vortrag beim 4:3 gegen die Europameisterinnen aus England bereits an, was mit einer mutigen Spielweise möglich ist.

Nun winkt unter Wück sogar der erste Titel für das DFB-Team seit neun Jahren: Der Sieg im olympischen Finale von Rio de Janeiro 2016 gegen Schweden brachte den bislang letzten Pokal. Gegen die Schwedinnen setzten sich übrigens die Spanierinnen im anderen Halbfinale der Nations League mit zwei Siegen durch. Der Bundestrainer konstatierte nach dem Zitterspiel seines Teams in Caen: »Dass wir jetzt im Finale stehen, ist für uns ein schöner Erfolg.«

Team und Trainer bleiben ehrgeizig

Ganz so dramatisch wie im EM-Viertelfinale von Basel machten es seinen Spielerinnen nicht, die spielerische Leichtigkeit vom 1:0 im Düsseldorfer Hinspiel war jedoch verflogen. »Es war ein Kampfspiel, und ich bin superstolz, dass wir es geschafft haben«, jubelte die nach ihrer Sperre wieder ins Abwehrzentrum zurückgekehrte Minge, die sich wie ihre Mitspielerinnen vor allem gegen den Ball eine Bestnote verdient hatte. Dem Team ist der gleiche Ehrgeiz wie dem Trainer anzusehen: Der mit den U17-Junioren Welt- und Europameister gewordene Nachwuchsförderer will seinen Weg auch bei den Frauen mit Trophäen krönen.

Das Weiterkommen gegen spielstarke Französinnen, die sich mit Unterstützung von mehr als 18 000 Fans deutlich verbessert präsentierten, diente ihm als »Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind«. Nun reizt Wück die EM-Revanche, das Halbfinale gegen die Spanierinnen beschreibt er rückblickend als »ganz enge Kiste«. Allein die Effizienz vor dem Tor habe damals gefehlt. Aber auch da zeichnet sich laut Wück der »nächste Entwicklungsschritt« ab. Wie beim 1:1 gegen Frankreich, als die bei Eintracht Frankfurt in dieser Saison überzeugende Nicole Anyomi in der zwölften Minute den frühen Rückstand sehenswert konterte. Fünf Minuten nach Wiederanpfiff ließ Klara Bühl nicht minder spektakulär das 2:1 folgen.

Kehrt Ann-Katrin Berger im Finale zurück?

Dass eine neue Achse mit Stina Johannes im Tor und Debütantin Camilla Küver in der Abwehr, Jule Brand als Spielmacherin und Anyomi als Stoßstürmerin dem Druck standhielt, war eine wichtige Erkenntnis. Für den Teamgeist spricht, dass Torhüterin Johannes sofort ins zweite Glied zurücktreten würde, wenn Ann-Katrin Berger wieder zur Verfügung stehen sollte: »Ich hoffe, dass sie schnell wieder fit wird und spielen kann: Sie ist unsere Nummer eins und ganz wichtig für das Team.« Der Finalgegner verkörpert schließlich noch mal eine andere Hausnummer: Die Halbfinalduelle der Weltmeisterinnen mit Schweden waren eine deutliche Angelegenheit. Und das Gerüst des Nationalteams vom FC Barcelona hatte in der Champions League den deutschen Meisterinnen vom FC Bayern beim 7:1 eine Lehrstunde erteilt.

DFB-Sportdirektorin Nia Künzer kann derweil feststellen, dass es seit ihrer Inthronisierung vor knapp zwei Jahren wieder aufwärtsgeht. Damals bekundete eines der bekanntesten Gesichter im deutschen Fußball der Frauen: »Es ist elementar für die Entwicklung in allen Bereichen, dass wir in die Erfolgsspur zurückkehren und auch wieder Titel gewinnen.« Es folgten der schwer erkämpfte dritte Platz bei den Olympischen Spielen, der leidenschaftliche Auftritt bei der EM und nun der verdiente Einzug ins Finale der Nations League – mit Aussicht auf den geforderten Titel.

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