D66 gewinnt in den Niederlanden die Parlamentswahl

Linksliberaler Jetten hat Machtoption, Rechtspopulist Wilders nicht

  • Lesedauer: 3 Min.
Rob Jetten könnte der nächste Regierungschef werden.
Rob Jetten könnte der nächste Regierungschef werden.

Den Haag. In den Niederlanden hat die sozialliberale Mitte-Partei D66 nach Angaben der Nachrichtenagentur ANP die Parlamentswahl gewonnen – die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders verlor ihre Position als stärkste Kraft. Laut ANP hatte die D66 am Freitagmittag einen uneinholbaren Vorsprung vor Wilders’ PVV, die deutliche Verluste einfuhr. D66-Chef Rob Jetten hat nunmehr beste Chancen, mit 38 Jahren der jüngste Ministerpräsident in der Geschichte des Landes zu werden. 

Kurz nach der ANP-Veröffentlichung erklärte sich Jetten zum Wahlsieger und sprach von »einer großen Verantwortung«, die er nun zu übernehmen habe. Der Sieg seiner Partei beweise, dass die Rechtspopulisten in Europa besiegt werden könnten, sagte Jetten der Nachrichtenagentur AFP. 

Endgültiges Ergebnis am Montag erwartet

Die Auszählung eines Wahlkreises sowie die Zählung der Stimmen der Niederländer im Ausland, die in der Regel mehrheitlich für Mitte-Links-Parteien votieren, war am Freitagmittag noch nicht abgeschlossen. Erst am Montag sollen die Ergebnisse dazu vorliegen.

Laut ANP hatte Jettens Partei einen Vorsprung von 15 155 Stimmen vor Wilders’ Partei. Sowohl D66 als auch PVV kommen demnach auf 26 Sitze im neuen Parlament in Den Haag. Aus der Parlamentswahl vor zwei Jahren war Wilders’ Partei für die Freiheit (PVV) als stärkste Kraft hervorgegangen, was zur Regierungsbeteiligung der Rechtspopulisten in der fünftgrößten Volkswirtschaft der EU führte. 

Die vorgezogene Parlamentswahl am 29. Oktober war angesetzt worden, weil der PVV-Chef die Vier-Parteien-Koalition im Juni im Streit um eine strengere Asylpolitik platzen ließ. Danach hatten die anderen großen Parteien eine erneute Koalition mit den Rechtspopulisten ausgeschlossen.

Zähe Koalitionsverhandlungen erwartet

Experten rechnen nun mit langwierigen und zähen Koalitionsverhandlungen. Für eine Mehrheit im 150 Sitze zählenden niederländischen Parlament sind 76 Sitze nötig. Als wahrscheinlichste Option gilt eine Art großer Koalition aus D66 mit den Christdemokraten CDA (18 Sitze), der liberalen VVD (22 Sitze) sowie dem linken Wahlbündnis Groenlinks/PvdA (20 Sitze).

VVD-Chefin Dilan Yesilgöz hatte allerdings vor der Wahl erklärt, eine Koalition mit Groenlinks/PvdA werde »nicht funktionieren«. Das Wahlbündnis aus Grünen und Arbeiterpartei wird am Montag einen neuen Vorsitzenden wählen, da der bisherige Parteichef, der frühere EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans, nach der Wahlschlappe seinen Rücktritt erklärt hatte. Der Führungswechsel könnte die Koalitionsbildung erleichtern.

Rechter Rand konnte punkten

Am Dienstag wird Jetten einen Unterhändler bestimmen, der bei den verschiedenen Parteien ihre Koalitionsbereitschaft ausloten soll. Der D66-Chef wird selbst den Prozess zur Bildung einer neuen Regierung leiten. Bis diese Regierung im Amt ist, wird der amtierende Regierungschef Dick Schoof die Geschäfte weiter führen. »Ich glaube, ich werde an Weihnachten immer noch Ministerpräsident sein«, sagte Schoof am Freitag. Bis zur Bildung seiner Regierung hatte es damals 223 Tage gedauert.

Vor dem Hintergrund des Erfolgs rechtsextremer und rechtspopulistischer Parteien in mehreren europäischen Ländern war mit Spannung auf das Abschneiden der anti-islamischen Partei von Wilders geschaut worden. Doch auch wenn die PVV ihre Stellung als stärkste Kraft einbüßte – andere Parteien am rechten Rand konnten bei der Wahl in den Niederlanden punkten: Die Unterstützung für das nationalistische Forum für Demokratie (FvD) verdoppelte sich von drei auf sieben Sitze. Auch der Rechtsaußenpartei JA21 gelang ein Zuwachs von einem auf neun Sitze. AFP/nd

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