Weiter wenig Sicherheit für Syrer

Jana Frielinghaus über widersprüchliche Signale aus der Bundesregierung zum Umgang mit Geflüchteten aus dem Land

War in Harasta nahe Damaskus erschüttert über das Ausmaß der Zerstörung: Johann Wadephul bei seinem Besuch in Syrien
War in Harasta nahe Damaskus erschüttert über das Ausmaß der Zerstörung: Johann Wadephul bei seinem Besuch in Syrien

Der deutsche Außenminister hat etwas gemerkt: In weiten Teilen Syriens gibt es derzeit für Exil-Syrer keine Möglichkeit, sich in ihren früheren Heimatorten wieder eine Existenz aufzubauen. Seine Erkenntnis: Zurückkehren können kurzfristig nur ganz wenige. Nun bleibt zu hoffen, dass Wadephuls Wort im Gehörgang seines Kabinettskollegen Alexander Dobrindt und seines Kanzlers landet. Denn die pflegen weiter eine martialische Rhetorik: Wenn sie von Syrern reden, dann suggerieren sie, es handle sich um potenzielle Straf- und Gewalttäter, die sich nicht integrieren können und wollen – also abgeschoben gehören. Dass solche Merkmale auf die überwältigende Mehrheit der Menschen aus dem durch Assads Krieg gegen die eigene Bevölkerung, aber auch durch den Terror islamistischer Milizen vielerorts zerstörten Land nicht zutreffen, kümmert sie nicht.

Und obwohl die Lage mit der Machtübernahme durch einen ehemaligen Milizenführer in Syrien überhaupt nicht sicherer geworden ist, wird seit dem Sturz Assads viel davon gesprochen, dass Menschen doch nun mal zurückkehren könnten. Zugleich wird ihnen aber von deutschen Bürokraten keine Chance gegeben, die Lage in der alten Heimat durch Vor-Ort-Besuche zu sondieren. Erst am Freitag hieß es aus dem Bundesinnenministerium, man halte daran fest, dass die Leute mit der Einreise in Syrien sofort ihren Schutzstatus verlieren. Angesichts des oft artikulierten Wunsches deutscher Politiker, Syrer sollten doch jetzt beim Wiederaufbau ihres Herkunftslandes helfen, ein Zeichen unglaublicher Denkfaulheit und Unbeweglichkeit. Denn wer bitte soll denn angesichts der berüchtigten Unwillkommenskultur der Ausländerbehörden und anderer Ämter den Aussagen staatlicher deutscher Beratungsstellen über die Sicherheitslage in Syrien vertrauen, deren Expertise das Innenministerium empfiehlt?

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