Anpfiff zur Champions League: Das große Spiel mit dem Geld

In der Königsklasse gewinnen selbst die Verlierer

  • Frank Hellmann, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 4 Min.
Im kleinen Aspmyra-Stadion der arktischen Stadt Bodo wird auf Kunstrasen nun auch im wichtigsten Vereinswettbewerb gespielt.
Im kleinen Aspmyra-Stadion der arktischen Stadt Bodo wird auf Kunstrasen nun auch im wichtigsten Vereinswettbewerb gespielt.

Es wird das größte Spiel, das die Puskas-Arena je gesehen hat. Schließlich ist das pompöse Nationalstadion Ungarns in der Champions League jetzt der Sehnsuchtsort: Im Herzen von Budapest ist für den 30. Mai 2026 das Finale angesetzt – übrigens zur familienfreundlichen Anstoßzeit um 18 Uhr. Dass sich gleichzeitig das Regime Viktor Orbáns im Glanze der Königsklasse sonnt, schreckt die Uefa dabei wenig.

Große Köder

Der europäische Verband hat im Vorjahr den Wettbewerb vor allem deshalb radikal reformiert, um mit 189 statt zuvor 125 Begegnungen noch mehr herauszupressen. Zugleich untermauerte in diesem Sommer der Weltverband Fifa mit der Klub-WM den Willen, auch den namhaften Geldadel auf europäischer Vereinsebene für seine Zwecke dauerhaft zu vereinnahmen. Der finanzielle Köder muss nur groß genug sein. Sollte dieses Turnier alle zwei Jahre ausgerichtet werden, wäre es eine ernste Konkurrenz für die Königsklasse als Filetstück unter Uefa-Hoheit.

Die anfangs skeptisch betrachtete Ligaphase löst nun viel Vorfreude aus, die Kritiker sind fast allesamt verstummt. Der nach einer Machtdemonstration in München im Finale gegen Inter Mailand gefeierte Sieger Paris St. Germain betrieb in der Vorrunde ein Spiel mit dem Feuer und hätte Ende Januar beim VfB Stuttgart schon ausscheiden können. Wer zittert diesmal, wenn am 28. Januar 2026 die letzten 18 Vorrundenspiele zeitgleich angesetzt sind? Nicht nur PSG oder der FC Bayern mussten sich dann erst durchs Nadelöhr der Playoffs zwängen, mit Real Madrid und Manchester City trafen da sogar zwei Global Player aufeinander. So bringt der Modus mit garantierten acht Spielen für alle 36 Teilnehmer tatsächlich mehr Spannung.

Wachstumstreiber

»Ich finde das neue Format deutlich interessanter, dass man in der Gruppenphase acht verschiedene Gegner hat«, sagte Hans Joachim Watzke, wobei der Boss von Borussia Dortmund die Mehreinnahmen einen »deutlichen Wachstumstreiber« nannte. Der BVB machte am Dienstag aus deutscher Sicht bei Juventus Turin den Anfang. Weil Europa League und Conference League mit ihrem Start artig warten, streckt sich der Auftaktspieltag über drei Tage. Eintracht Frankfurt empfängt Galatasary Istanbul mit den deutschen Stars Leroy Sané und İlkay Gündoğan dann am Donnerstag.

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Nicht nur sportlich, auch wirtschaftlich bringt kein Wettbewerb mehr: Opulente 2,467 Milliarden Euro schüttet die Uefa an die Klubs aus. Das Startgeld auf der Bühne der Besten beträgt 18,6 Millionen Euro, hinzu kommen gestaffelte Prämien aus unterschiedlichen Töpfen. Den Maximalerlös schaffte vergangene Spielzeit Finalist Inter Mailand mit 136,6 Millionen Euro, der FC Bayern schöpfte nach dem Viertelfinalaus aus der Goldgrube 105,9 Millionen, Dortmund immerhin noch 102,2 Millionen Euro. Selbst RB Leipzig nahm trotz des frühen Abscheidens noch 58,8 Millionen mit, der VfB Stuttgart kam in der Geldtabelle auf Rang 26 noch auf 43 Millionen Euro. Letzter in diesem Ranking übrigens Slovan Bratislava mit knapp 22 Millionen Euro.

Neulinge

Das viele Geld der Uefa hat erheblichen Einfluss auf die nationalen Kräfteverhältnisse, regelmäßige Gastspiele in der Königklasse zementieren die Vormachtstellung von Sporting und Benfica Lissabon in Portugal, von PSV Eindhoven und Ajax Amsterdam in den Niederlanden oder Olympiakos Piräus in Griechenland. Qairat Almaty aus Kasachstan, Union Saint-Gilloise in Belgien, die arktischen Norweger von Bodö/Glimt und der FC Paphos auf Zypern als diesjährige Neulinge können sicher kaum fassen, wie viel bald auf ihre Konten fließt.

Anders als die europäische Konkurrenz generieren die englischen Vereine das meiste Geld aus der Vermarktung ihrer Premier League. Bezeichnend also, dass die Engländer durch den Europa-League-Triumph von Tottenham Hotspur erstmals mit sechs Klubs in der Champions League starten. Diese Premiere fällt in eine Zeit, in der der Transfermarkt auch durch die massiven Eingriffe von der Insel zum Monopoly entartet ist. Dabei gab der FC Liverpool für Alexander Isak, Florian Wirtz und Hugo Ekitike mehr als 350 Millionen Euro aus. Das Ziel der Investitionen: der Henkelpott – nachdem der diesjährige Anlauf gegen den späteren Sieger PSG gescheitert war. Letztmals reüssierten die Reds vor sechs Jahren, als Jürgen Klopp noch den Einpeitscher an der Anfield Road gab.

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