EuGH bestätigt Mindestlohnrichtlinie

EU-Richtlinie erfordert mehr Tarifverträge. Zwei Kriterien für angemessene Löhne gekippt

Der Europäische Gerichtshof entschied am Dienstag über die EU-Mindestlohnrichtlinie.
Der Europäische Gerichtshof entschied am Dienstag über die EU-Mindestlohnrichtlinie.

Luxemburg. Die Europäische Union ist befugt, europaweite Regeln für Mindestlöhne festzulegen. Sie hat allerdings bei der Festlegung von einheitlichen Standards für Mindestlöhne ihre Kompetenzen überschritten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg erklärte zwei Bestimmungen in der EU-Mindestlohnrichtlinie für nichtig. Dabei handelt es sich einerseits um Kriterien für die Festlegung und Aktualisierung der Löhne, wie die Kaufkraft. Andererseits geht es um eine Vorschrift, die eine Senkung der Löhne unterbindet, wenn es einen automatischen Anpassungsmechanismus gibt.

Damit würde der EU-Gesetzgeber unmittelbar in die Festlegung des Arbeitsentgelts eingreifen, urteilten die Richter*innen. Die Höhe der Löhne sei aber nach EU-Verträgen die Angelegenheit der Mitgliedsstaaten. Gegen das 2022 von den EU-Staaten beschlossene Regelwerk hatte Dänemark geklagt. Der Gerichtshof gab dem Land teilweise recht.

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Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), bezeichnete das Kippen der Kriterien eines angemessenen Mindestlohns am Dienstag in Berlin als »bedauerlich«. Zugleich betonte er, es sei »ein guter Tag für Millionen Beschäftigte in Deutschland und der Europäischen Union.«

»Die Bundesregierung ist nun aufgefordert, schnellstmöglich einen wirkungsvollen Aktionsplan für mehr Tarifverträge auf den Weg zu bringen.«

Stefan Körzell Deutscher Gewerkschaftsbund

Denn im Übrigen bleibt die Mindestlohnrichtlinie bestehen. Sie verpflichtet die Länder etwa weiterhin, auf hohe Abdeckungsraten von Tarifverträgen hinzuwirken. »Die Bundesregierung ist nun aufgefordert, schnellstmöglich einen wirkungsvollen Aktionsplan für mehr Tarifverträge auf den Weg zu bringen, wie ihn die EU-Mindestlohnrichtlinie vorsieht«, fordert Körzell.

Die Pflicht gilt nach der Mindestlohnrichtlinie, wenn weniger als 80 Prozent der Beschäftigten von Tarifverträgen erfasst werden. Deutschland hat das nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bisher noch nicht gemacht, obwohl es den Schwellenwert nicht erreicht. Dies soll den Angaben zufolge bis zum 31. Dezember geschehen. In den letzten zwei Dekaden ist die Tarifbindung rapide gesunken.

Auf die Höhe des Mindestlohns in Deutschland hat die Entscheidung keine direkte Auswirkung. Die Bundesregierung hatte jüngst beschlossen, dass der derzeitige Mindestlohn in Höhe von 12,82 Euro zum 1. Januar auf 13,90 Euro pro Stunde und ein Jahr später um weitere 70 Cent auf 14,60 pro Stunde steigt.

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