Gaza-Krieg: Der Frieden soll kommen

UN-Sicherheitsrat nimmt US-Resolution zu Trumps Plan für den Gazastreifen an. Viele Fragen weiter unklar

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 4 Min.
Der UN-Sicherheitsrat nach der Abstimmung über einen Resolutionsentwurf zur Genehmigung einer internationalen Stabilisierungstruppe in Gaza
Der UN-Sicherheitsrat nach der Abstimmung über einen Resolutionsentwurf zur Genehmigung einer internationalen Stabilisierungstruppe in Gaza

Nun hat der US-Präsident Donald Trump das bekommen, was er wollte: eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, die seinem 20-Punkte-Plan den letzten Segen erteilt. Der Frieden kann also kommen. Im Kern der Resolution 2803 (2025) steht die Aufstellung und Entsendung einer Internationalen Stabilisierungstruppe (ISF), also eines Kontingents von Soldaten, die die Waffenruhe absichern und auf die Einhaltung der vereinbarten Punkte von Trumps Plan für den Gazastreifen achten soll. Zu ihren Aufgaben gehört auch, das Einhalten der Waffenruhe zu überwachen. Doch seit Inkrafttreten am 10. Oktober haben beide Kriegsparteien mehrfach die Waffenruhe verletzt.

Was passiert, wenn eine der beiden Seiten die Kämpfe auf breiter Front wieder aufnehmen sollte? Dann müssten Soldaten der Stabilisierungstruppe eingreifen und sich zwischen die Kombattanten stellen. Eine höchst riskante Aufgabe, bei der tödliche Zwischenfälle nicht auszuschließen sind. Dennoch haben Länder wie Indonesien und Aserbaidschan ihre Bereitschaft signalisiert, Soldaten für die Stabilisierungstruppe bereitzustellen.

Die Stabilisierungstruppe soll mit Israel und Ägypten sowie neu auszubildenden palästinensischen Polizeikräften zusammenarbeiten, um die Grenzgebiete zu sichern und den Gazastreifen zu entmilitarisieren. Dazu gehört auch die Entwaffnung der Hamas. Doch wenn diese ihre Waffen nicht abzugeben bereit ist? Darf die Stabilisierungstruppe dann Gewalt anwenden?

Die Hamas-Spitze hat jedenfalls schon ihre Ablehnung der UN-Resolution verkündet. »Diese Resolution erfüllt nicht die politischen und humanitären Forderungen und Rechte unseres palästinensischen Volkes«, schrieb die Miliz auf der Plattform Telegram und spricht von einer internationalen Treuhandschaft über den Gazastreifen, die von den Palästinensern abgelehnt werde. Auch gegen die Stabilisierungstruppe wendet sich die Hamas. Dass diese im Gazastreifen operieren und die Hamas-Kämpfer entwaffnen solle, »beraubt sie ihrer Neutralität und macht sie zu einer Partei des Konflikts zugunsten der Besatzung«, also der israelischen Armee. Schlechte Ausgangsbedingungen für die Umsetzung der Resolution, wenn die Kriegsparteien nicht dahinterstehen.

Die zukünftige Rolle der Autonomiebehörde im Gazastreifen ist völlig vage.

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Die israelische Regierung zeigte sich grundsätzlich zufrieden mit der Annahme der Resolution. Doch der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hütete sich davor, die UN-Resolution inhaltlich zu bewerten. Er schrieb lediglich: »Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen unterstützt uneingeschränkt den 20-Punkte-Plan von Präsident Trump« und lobte auf X US-Präsident Donald Trump.

Dass der schließlich angenommene Text einen »Weg zur palästinensischen Selbstbestimmung und Staatlichkeit« in Aussicht stellt, hatte vor der Abstimmung in Israel für Ärger gesorgt. Die Regierung lehnt die Gründung eines palästinensischen Staats mit der Begründung ab, dass dieser die Existenz Israels gefährden würde. Der rechtsextreme Minister Itamar Ben Gvir hatte vor der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat sogar mit der gezielten Tötung von Mitgliedern der Palästinensischen Autonomiebehörde gedroht.

Überhaupt ist die zukünftige Rolle der Autonomiebehörde im Gazastreifen völlig vage. Auf ihr liegt die Beweislast: Nur wenn sie zufriedenstellende Reformen durchführe (Wer soll das nach welchen Kriterien feststellen?) und der Wiederaufbau des Gazastreifens voranschreite, könnten »die Voraussetzungen für einen glaubwürdigen Weg zur Selbstbestimmung und Staatlichkeit der Palästinenser gegeben sein«, heißt es im Text. Von Selbstbestimmung und einer Zweistaatenlösung ist gar nicht die Rede.

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Dem US-Präsidenten muss man zugestehen, dass er es fertiggebracht hat, allen Widerständen zum Trotz ein Mandat des Weltsicherheitsrats für seine Gaza-Pläne zu organisieren und sogar Russland und China auf seine Seite zu ziehen. Was er dafür geboten hat, wird sein Geheimnis bleiben. Kein Geheimnis ist dagegen, dass die Resolution ganz nach den Vorstellungen Trumps gestrickt wurde und nur in bestimmten Passagen an Wünsche der einen oder anderen Seite angepasst wurde. Trump bekommt seinen Friedensrat (Board of Peace), eine Art Mandatsverwaltung, die an koloniale Zeiten erinnert und über die Geschicke des Gazastreifens entscheiden und wachen soll. An der Spitze steht er selbst oder er wird sich von einem Vertrauensmann vertreten lassen. Ob der ehemalige britische Regierungschef Toni Blair auch noch eine Funktion erhält, ist derzeit unklar. Das Tagesgeschäft der Verwaltung soll in die Hände eines Palästinensischen Exekutivkomitees gelegt werden, einer Übergangsregierung aus apolitischen, palästinensischen Technokraten, kontrolliert vom Friedensrat.

Nach der Abstimmung im Sicherheitsrat hat der russische UN-Botschafter Wassilij Nebensja eine passende Charakterisierung für Trumps Konstrukt gefunden: »Der Rat gibt auf Grundlage der Versprechen Washingtons seine Zustimmung zu einer US-Initiative, die die vollständige Kontrolle über den Gazastreifen an den Friedensrat und die [Internationale Stabilisierungstruppe] überträgt, über deren Modalitäten wir bislang nichts wissen.« Russland hatte einen eigenen Resolutionsentwurf vorgelegt, der die Selbstverpflichtung für einen palästinensischen Staat deutlicher formulierte, die im ursprünglichen Entwurf der US-Resolution nicht mal vorkam. Der russische Entwurf fand aber keine Berücksichtigung.

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