Verein Crids: »Wir bekommen viele tolle Sachen gespendet«

Ein Verein aus Castrop-Rauxel sammelt gebrauchtes Spielzeug und erfüllt die Wünsche von Kitas

  • Interview: David Bieber
  • Lesedauer: 6 Min.
Gebrauchtes Spielzeug – Verein Crids: »Wir bekommen viele tolle Sachen gespendet«

Warum zaubert es Ihnen ein Lächeln ins Gesicht, wenn Kinder glücklich sind?

Ich bin selbst Vater von zwei Mädchen im Alter von sechs und einem Jahr. Mit meiner großen Tochter erlebe ich gerade meine eigene Kindheit noch mal, da sie sich zum Einschlafen wahre Geschichten aus meiner Kindheit wünscht, die ich ihr total gerne erzähle. Ich hatte das Glück, eine schöne Kindheit zu haben mit tollen Freunden, Abenteuern und einer Familie, die für mich da war. Die Unbeschwertheit und Freude von Kindern macht mich glücklich und ich versuche, diese Gefühle mit meiner Initiative auch anderen Kindern als meinen eigenen zu ermöglichen.

Sie wollen mit einer sozialen Online-Plattform Kindern Wünsche erfüllen. Beschreiben Sie doch einmal diese Plattform und wie es dazu gekommen ist.

Durch meine ehrenamtlichen Tätigkeiten im Elternbeirat der Kita meiner Tochter sowie im Jugendamtselternbeirat ist mir die Unterfinanzierung der Kitas erst richtig bewusst geworden. Um Löcher im Budget zu stopfen, sind die Eltern mit Materialien wie Stiften, Papier oder selbst Desinfektionsmittel eingesprungen. Große Anschaffungen haben wir mit Waffelbacken oder anderen Spendensammlungen über den Förderverein organisiert. Einmal habe ich eine Tombola organisiert, da war eine große Spendenbereitschaft zu spüren. Dadurch kam mir die Idee, die Träger der frühkindlichen Bildung zu unterstützen, aus der schlussendlich Crids (ein Wortspiel aus Charity und Kids) mit einem Baustein – der Online-Wunschliste – entstanden ist.

Interview

Jörg Krauße wohnt in Castrop-Rauxel, ist 45 Jahre alt und arbeitet hauptamtlich als Organisationsdirektor bei einer Versicherung. Er ist außerdem Vorsitzender des Jugendamtselternbeirats von Castrop-Rauxel sowie Vorsitzender des Elternbeirats einer Kita. Den von ihm gegründeten Verein Crids gibt es seit Anfang 2025.

Wie viel Spendengeld konnten Sie bereits umgerechnet durch Crids vermitteln?

Ein Controlling über den Wert der Wünsche führen wir gar nicht. Insbesondere da wir auch sehr viele Wünsche außerhalb der Online-Wunschliste mit der Aktion Teddy-Tonne/Rückspiel erfüllen. Nimmt man das alles dazu, wären wir bereits im unteren fünfstelligen Bereich.

Was ist daran anders als bei den anderen karitativen Plattformen?

Plattformen, die gezielt Wünsche von Einrichtungen und Vereinen sichtbar und »erfüllbar« machen und deutschlandweit geöffnet sind, gab es bei der Gründung von Crids noch nicht beziehungsweise waren mir nicht bekannt. Das Prinzip ist, dass Spender das Gewünschte kaufen und eigenständig an die Einrichtung übergeben. Bei uns ist die Wunschplattform auch nur ein Teil. Wir sind Initiator der Teddy-Tonne, mit der wir gebrauchte Spiele, Spielsachen, Puppen, Kuscheltiere und vieles mehr sammeln. Diese werden dann vom Projekt Rückspiel des Werkhofs in Hagen gereinigt und aufbereitet und wir verschenken die aufbereiteten Sachen dann weiter. Daneben ist eine »Mystery Box« entstanden. Hier können Einrichtungen gegen eine kleine Zahlung ein Paket mit Sachen bestellen. Was uns sehr wichtig ist, ist die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen und Initiativen, um hier Kräfte zu bündeln und gemeinsame Projekte zu unterstützen. Hier ist beispielsweise das Dreieck aus Crids, »Lenis Garten«, einem Tierschutzverein und der Elterninitiative krebskranker Kinder der Kinderklinik in Datteln entstanden. Mit der Tafel in Castrop-Rauxel arbeiten wir auch schon zusammen. Die erste Anfrage hat uns sogar aus Venezuela erreicht.

Aus Venezuela?

Ja, eine deutsche Fachkraft für die internationale Zusammenarbeit dort hat einen Facebook-Beitrag von uns gelesen und gefragt, ob wir die von ihr betreuten Kinder in einem Brennpunktviertel im südamerikanischen Venezuela unterstützen würden. Crids ist grenzenlos, daher haben wir direkt zugesagt. Die ersten Sachen kommen nun zu Weihnachten im Gepäck ihrer in Dortmund lebenden Kinder bei deren Besuch mit nach Venezuela. Meine Idee, einfach gesponserte Pakete dorthin zu senden, funktioniert leider nicht so leicht. Das ist eine Aufgabe für 2026.

Sie sprechen mit ihren Projekten auch indirekt eine Unterfinanzierung der frühkindlichen Bildung an. Wieso hat Bildung in Deutschland so eine schwache Lobby?

Warum es eine schlechte Lobby für Erzieher*innen und Lehrer*innen gibt, ist mir tatsächlich ein Rätsel. Tatsächlich hängt von einer guten Bildung der gesamte Lebensweg ab. Umso trauriger und auch wütender macht mich dieser Missstand. Da ich eher fürs Anpacken als Meckern bin, möchte ich meinen kleinen Beitrag zur Unterstützung leisten.

Sind Sie damit nicht oft allein auf weiter Flur?

Ich habe schon das Gefühl, dass meine Arbeit etwas Positives bewirkt. Es braucht manchmal, glaube ich, einen Anstoß, um etwas ins Rollen zu bringen. Wir bekommen immer mehr Unterstützung und wachsen täglich. Die Erzieher*innen schätzen unsere Arbeit wirklich sehr und wir bekommen tolles Feedback. Etwas Besonderes ist es auch, wenn ich selbst Gewünschtes übergeben darf und die Kinder sich über die Geschenke direkt freuen. Natürlich kann ich beziehungsweise kann Crids nicht das System der Kita-Finanzierung ändern, aber das ist auch nicht unsere Aufgabe oder unser Ansporn. Ich bin glücklich, wenn Kinder Spaß an den erhaltenen Sachen haben. Und mit der Teddy-Tonne leisten wir noch einen kleinen Beitrag zum Umweltschutz und fördern das Projekt »Rückspiel«, für das Menschen mit körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen das Spielzeug aufbereiten. Hier sind zum Glück so viele Menschen beteiligt, dass ich mich nicht alleine auf weiter Flur sehe.

Der Bundesregierung wird vorgeworfen, viel zu viel Geld in Rüstung und Verteidigung zu stecken anstatt in Bildung. Wie sehen Sie das?

Wie viel Geld für Rüstung tatsächlich nötig ist, kann ich nicht beurteilen. Mir ist ein friedliches, gewaltfreies, sicheres und freudiges Leben für alle wichtig.

Abgesehen vom Dauerbrenner Geld, woran hapert es noch in den deutschen Kitas?

Was bei uns in der Kita deutlich wurde, war tatsächlich die enorme Arbeitsbelastung der Erzieher*innen. Insbesondere wurde diese durch einen zu geringen Personalschlüssel verursacht. Da sind wir aber leider wieder beim Geld. Ich glaube, der Beruf bietet so viele spannende Möglichkeiten und sollte auch stärker beworben werden. Denn eines muss ich wirklich sagen: Die Erzieher*innen machen wirklich einen tollen Job und verdienen Unterstützung und Anerkennung. Und diese beginnt und endet nicht an der Kita-Tür.

Angesichts der wirtschaftlichen Probleme in Deutschland: Gibt es immer noch genügend Spender?

Was tatsächlich zu spüren ist, dass auf Crids.de eingestellte Wünsche uns nicht aus den Händen gerissen werden, sondern es teilweise etwas dauert, bis sie erfüllt werden. Wir haben jetzt erst ein Konto eröffnet und wurden vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt, sodass wir nun auch Unternehmen die Möglichkeit bieten möchten, eine Geldspende an Crids zu leisten und einen eingestellten Wunsch auszuwählen, den wir dann erfüllen. Bislang waren es ausschließlich private Spender.
Über die Aktion Teddy-Tonne bekommen wir ja viele tolle Sachen gespendet. Zum Teil verabschieden sich die Spender noch von ihren Kuscheltieren, bevor sie sie abgeben. Dieser Baustein verschafft uns schon deutlich mehr Möglichkeiten.
Ich glaube, dass man Alternativen zum reinen Spenden von Geld bieten muss. Eine Idee für die nächsten Jahre bei Crids ist es auch, Menschen im Ruhestand, mit Erfahrung im Handwerk, dazu zu motivieren, Projekte in Kitas, wie etwa den Bau eines Kletterturms, zu realisieren. Sie würden dann zum Beispiel ihre Zeit und ihr Wissen spenden und ehrenamtlich bauen.

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