Bundeshaushalt 2026: Das Jahr der »harten Entscheidungen«

Finanzminister Klingbeil stimmt Bürger auf Sparzwänge ein, zugleich wächst die Staatsverschuldung weiter massiv

Volkstümlich und einig in Sachen Sozialabbau: die SPD-Vorsitzenden und die Chefs der C-Parteien beim Selfie-Schießen auf dem Münchner Oktoberfest
Volkstümlich und einig in Sachen Sozialabbau: die SPD-Vorsitzenden und die Chefs der C-Parteien beim Selfie-Schießen auf dem Münchner Oktoberfest

Die Hauptrolle spielt in dieser Sitzungswoche des Parlaments zwar der Bundeshaushalt für das kommende Jahr. Doch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) nutzte seine Rede zur Einbringung des Etats 2026 am Dienstag im Bundestag, um Bürger und Abgeordnete schon mal auf die Einschnitte einzustimmen, die im übernächsten Jahr anstehen. Denn in der Etatplanung klafft 2027 eine Finanzierungslücke von 34,4 Milliarden Euro. Der Hauptgrund: Die Militärausgaben sollen weiter Jahr drastisch steigen.

Die kommende Milliardenlücke, das machte Klingbeil letztlich deutlich, soll nicht durch das Schließen legaler Schlupflöcher und auch nicht durch Übergewinnsteuern für die Rüstungskonzerne finanziert werden. Durch ersteres könnte der Staat seine Einnahmen um mehr als 80 Milliarden Euro steigern. Der Minister sprach davon, dass »wir alle« einen Beitrag leisten müssten. Es brauche »gesellschaftliche Solidarität«, die Lasten dürften aber nicht »auf einige wenige« abgewälzt werden.

Nötig sei es, den Sozialstaat »effizienter« zu machen und Missbrauch »mit aller Konsequenz und Härte« zu unterbinden, sagte Klingbeil. Es gilt also, vor allem jene zu sanktionieren, bei denen wenig zu holen ist, wenn man Kontrollaufwand und Einnahmen ins Verhältnis setzt.

Zugleich sprach der Vizekanzler allgemein von Reformen, zu denen man den Mut haben müsse und die »der große Wurf« werden könnten. Abwarten jedenfalls sei keine Option: »Wenn wir nicht handeln und wenn wir am Status quo festhalten, dann verlieren wir an wirtschaftlicher Stärke, dann verlieren wir einen sozialen Zusammenhalt, dann verlieren wir auch das Vertrauen der Menschen.«

Klingbeil erinnerte auch an die schuldenfinanzierten Ausgaben der vergangenen Jahre in der Corona-Pandemie, der Energiekrise, in der Folge des russischen Krieges gegen die Ukraine. »Dieses Geld müssen wir halt irgendwann zurückzahlen«, sagte der Finanzminister. »Dieses Irgendwann war sehr lange ein sehr fernes Wort. Aber Irgendwann fängt jetzt an.«

Der Etat 2026 beinhaltet allerdings erneut ein riesiges Kreditvolumen. »Wir werden sanieren, was jahrelang vernachlässigt wurde – und da geht es vor allem um die Infrastruktur«, erklärte Klingbeil dazu. Dafür seien 2026 »Rekordinvestitionen« geplant. 2025 umfassten die Investitionen des Bundes 115,7 Milliarden Euro, 2026 sollen es 126,7 Milliarden werden.

»Die Menschen in unserem Land spüren längst, dass wir weit reichende Veränderungen brauchen und dass Durchmogeln oder Zögern oder Zurücklehnen nicht funktionieren wird.«

Lars Klingbeil Bundesfinanzminister

Auch die Investitionen seien nötig, damit Deutschland »eine europäische Führungsmacht« werden könne, »um ein starkes Europa voranzubringen«. So müsse sich Europa selbst verteidigen können, erklärte der SPD-Vorsitzende. Deshalb investiere Deutschland massiv in die Bundeswehr.

In den »nächsten Monaten« werde die Regierung Entscheidungen treffen müssen, die »anstrengend und herausfordernd« seien, kündigte Klingbeil an. Er sei aber sicher, dass die Bürger längst spürten, »dass wir weit reichende Veränderungen brauchen und dass Durchmogeln oder Zögern oder Zurücklehnen nicht funktionieren wird«. Nötig seien Reformen, »die die Beschäftigung ins Zentrum stellen, die neues Wachstum schaffen, die mehr Beschäftigung schaffen, die dafür sorgen, dass die Sozialausgaben sinken und die staatlichen Einnahmen wachsen«.

Das Ausgabenvolumen des Bundes soll laut dem Etatentwurf des Kabinetts 2026 allein im Kernhaushalt noch einmal um 18 Milliarden auf 520,5 Milliarden Euro steigen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lagen die Ausgaben des Bundes noch bei knapp 476 Milliarden. Unter Berücksichtigung der Gelder aus dem Sondertopf für die Infrastruktur und den zusätzlich möglichen Krediten fürs Militärische infolge der Grundgesetzänderung vom März werden sich die Ausgaben des Bundes 2026 sogar auf rund 630 Milliarden Euro summieren. Allein im Kernhaushalt sollen dafür fast 90 Milliarden Euro an neuen Krediten aufgenommen werden. Mit jenen aus den Sondertöpfen zusammen werden sich die neuen Schulden auf 174,3 Milliarden belaufen.

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Das Volumen des Einzelplans 14, des Kernhaushalts für Verteidigung also, wächst allein um 20,3 Milliarden auf 82,7 Milliarden Euro. Obendrauf kommt die letzte Tranche aus dem schuldenfinanzierten Sondervermögen Bundeswehr von 2022 in Höhe von rund 20 Milliarden. An Militärhilfen für die Ukraine sind 2026 erneut neun Milliarden Euro eingeplant (2025 waren es acht Milliarden). Letztere können anteilig über neue Kredite finanziert werden.

Der Aufwuchs beim Wehretat wurde am Dienstag grundsätzlich erneut nur von Redner*innen der Linken kritisiert. Linke-Haushälter Dietmar Bartsch monierte, »grenzenlose Aufrüstung« sei der falsche Grund für eine Aufweichung der Schuldenbremse. »Es gibt nur eines, was bei Ihnen schneller wächst als die Rüstungsausgaben, und das sind die Schulden«, konstatierte er. Das gigantische Haushaltsloch werde die Regierung aber weder mit einer Bürgergeldreform noch durch Wirtschaftswachstum schließen können. Stattdessen müssten Vermögende höher besteuert werden.

Nach der ersten Lesung in dieser Woche befassen sich die Ausschüsse mit dem Etat 2026. Mitte November findet die entscheidende Sitzung des Haushaltsausschusses statt, in der letzte Änderungen beschlossen werden. Daran schließt sich die zweite Haushaltswoche an, die mit der Schlussabstimmung am 28. November enden soll.

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