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Wahlprüfung: Demokratie, nicht Lotterie
Wolfgang Hübner über den Streit um das BSW-Wahlergebnis
Dass Sahra Wagenknechts Bündnis in Karlsruhe mit dem Versuch abblitzen würde, die Verkündung des amtlichen Ergebnisses der Bundestagswahl aufzuschieben, war zu erwarten. Denn für Wahlbeschwerden gibt es klare Regeln. Und die sagen: Die Anfechtung erfolgt zunächst im Wahlprüfungsausschuss des Bundestags, erst danach folgt der gerichtliche Weg. Insofern blieb den Verfassungsrichtern nichts anderes übrig, als die BSW-Eilanträge abzuweisen.
Allerdings: Dieser Weg kann ziemlich lange dauern. Das ist nicht nur unerfreulich, sondern eigentlich nicht hinnehmbar, wenn die Möglichkeit im Raum steht, dass das äußerst knapp gescheiterte BSW vielleicht doch den Einzug in den Bundestag geschafft haben könnte. Zumindest förderten punktuelle Überprüfungen allerhand Ungenauigkeiten bei der Stimmenauszählung und -zuordnung zutage. Es ist kein akzeptabler Zustand, dass demnächst eine Regierung ins Amt kommt, die nach längerer Wahlprüfung und eventueller Neuauszählung vielleicht gar keine Mehrheit mehr hat.
Genau so kann es kommen: Erreicht das BSW letztlich doch fünf Prozent, hätten Union und SPD wegen der Umverteilung der Mandate im Bundestag keine Mehrheit mehr und bräuchten einen weiteren Koalitionspartner. Oder die Mehrheitssuche begänne von vorn. Viel Konjunktiv, aber eben auch nicht ausgeschlossen. Ist es wirklich wünschenswert, dass eine Regierung vor solch nicht komplett gesichertem Hintergrund folgenschwere Entscheidungen trifft? Nein, und deshalb muss der ganze Vorgang der Wahlprüfung besser, schneller, effizienter geregelt werden. Weil alle Parteien und Wähler Anspruch auf exakte Ergebnisse haben. Ansonsten kann Demokratie zur Lotterie werden.
P. S.: Von all dem abgesehen ist die Fünf-Prozent-Hürde längst nicht mehr zeitgemäß.
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