Heinz-Brandt-Schule in Berlin: Bäume oder Schulplätze?

Eltern protestieren gegen den Plan, Bäume zu fällen, um Platz für den Schulausbau zu schaffen

  • Ralf Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
Heinz-Brandt-Schule in Weißensee
Heinz-Brandt-Schule in Weißensee

In Berlin fehlen dringend benötigte Plätze für Schüler. Nachdem zu Beginn der 2000er Jahre viele Schulen geschlossen und teilweise sogar abgerissen wurden, sind die Schülerzahlen inzwischen wieder kräftig gewachsen. Das daraus entstehende Desaster mit Ansage kann jedes Jahr aufs Neue beobachtet werden, wenn Eltern verzweifelt versuchen, ihre Kinder in einer angemessenen Bildungseinrichtung anzumelden.

Eine beliebte Integrierte Sekundarschule ist die Heinz-Brandt-Schule im Ortsteil Weißensee. Die nach dem jüdischen Widerstandskämpfer und Mitglied der KPD benannte Schule hat jährlich mehr als doppelt so viele Erstwunschanmeldungen wie Plätze. Dieser Umstand führte dazu, dass die Senatsbildungsverwaltung in Abstimmung mit dem Bezirksamt Pankow einen modularen Ergänzungsbau (MEB) auf dem Schulhof aufstellen will. So soll ein weiterer Zug mit etwa 100 Schülern an der Schule eingerichtet werden können. »Die Planungsdokumente sind weitgehend eingereicht«, erklärt Martin Klesmann, Pressesprecher der Senatsverwaltung, im Gespräch mit »nd«. Abstimmungen zu Artenschutz, Brandschutz und Nutzerwünschen würden ebenfalls vorbereitet.

Gegen diese Pläne protestieren nicht nur die betroffenen Schüler sowie die Gesamtelternvertretung, sondern auch Umweltverbände und die Grünen. Wegen der Baumaßnahmen sollen zehn teilweise über hundert Jahre alte Bäume gefällt werden. Die Buchen umrahmen den Schulhof und sind Teil eines Schulgartens, der zum Teil von Eltern bei unbezahlten Arbeitseinsätzen am Wochenende hergerichtet wurde. Zudem ist perspektivisch möglich, dass die Schülerzahlen in Pankow wieder sinken. Denn zuletzt stieg die Zahl der Kitaplätze, die im Bezirk mangels Nachfrage nicht belegt werden können. Die Schulleitung kritisiert, dass sich der Schulhof durch den Neubau deutlich verkleinern würde. Bereits jetzt sei der Schulhof für die etwa 500 Schüler zu knapp bemessen.

Wegen der Baumaßnahmen sollen zehn teilweise über hundert Jahre alte Bäume gefällt werden.

Der Baubeginn ist derzeit für das erste Quartal 2026 geplant, so bestätigt es auch der Bezirksstadtrat für Schule, Sport und Facility Management, Jörg Pasternack (CDU). Aktuell befinde sich die Senatsbauverwaltung noch in der Baugenehmigungsphase. In einer Stellungnahme verwies der Stadtrat auf die unzähligen Kinder aus Pankow, die wegen mangelnder Plätze auf Schulen anderer Bezirke ausweichen müssten. Unter anderem gibt es seit diesem Schuljahr ein Gymnasium in Pankow, an dem drei neue siebente Klassen mit jeweils 36 Kindern belegt sind. Daher sei die Entscheidung, den Standort in Weißensee angesichts der »dramatischen Versorgungslage bei weiterführenden Schulen im Bezirk Pankow« auszubauen, dringend notwendig. »Aufgrund der Schulplatznot in Pankow unterstützt der Senat die schnellstmögliche Schaffung von zusätzlichen Schulplatzkapazitäten, hier geht es um 100 moderne Schulplätze«, pflichtet ihm der Pressesprecher der zuständigen Senatsverwaltung bei.

Die Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Pankow hält den Schulplatzmangel »für eine der größten Herausforderungen« des Bezirks und befürwortet ausdrücklich, zusätzliche Schulplätze zu schaffen. Konkrete Vorschläge liefert Fraktionsgeschäftsführer Felix Fischer im nd-Gespräch aber nicht. Stattdessen fordert er »ausreichend Platz für erholsame Pausen auf altersgerechten, qualitativ hochwertigen und grünen Schulhöfen«. Wie beides zusammen, also zusätzliche Schulplätze und ausreichend Platz für erholsame Pausen, möglichst schnell im Bezirk bewerkstelligt werden könnte, bleibt offen. Eine tragbare Lösung, die sowohl die Belange der Schüler und Eltern nach Aufenthaltsqualität als auch die des Bezirksamtes, schnell neue Schulplätze zu schaffen, berücksichtigt, kann derzeit keine Partei im Bezirk anbieten.

Der Namensgeber der Schule, Heinz Brandt, beteiligte sich nach seiner Flucht aus der DDR zusammen mit seinem Freund Rudi Dutschke am Gründungsprozess der Grünen. Er wollte die drohende ökologische Katastrophe aufhalten. Nachdem er aber den Eindruck bekam, dass die neue Partei auch Teil des alten Problems wäre, zog er sich zurück. An der nach ihm benannten Schule bricht der Streit über ökologische Ziele nun erneut aus.

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