Risse in der Karosserie: 70 E-Busse stillgelegt

Der Hersteller Ebusco hat der BVG Busse mit Qualitäts­problemen geliefert. Die Fahrzeuge sollen kommendes Jahr repariert werden

Vorstellung des Elektrobusse »Ebusco 2.2« im Jahr 2022. 70 von ihnen wurden jetzt aus dem Verkehr gezogen.
Vorstellung des Elektrobusse »Ebusco 2.2« im Jahr 2022. 70 von ihnen wurden jetzt aus dem Verkehr gezogen.

Es gebe da »momentan ein Garantiethema«, sagt ein Sprecher der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zu »nd«. Die Rede ist von den 2022 und 2023 gelieferten Elektrobussen des niederländischen Busproduzenten Ebusco. »An den betroffenen Bussen wurden bei Routinekontrollen kleine Risse am Fahrzeugrahmen frühzeitig erkannt«, so der Sprecher weiter.

Rund 70 der insgesamt 90 Zwölf-Meter-Fahrzeuge sind bisher davon betroffen. »Wie bei Garantiefällen üblich«, würden die betroffenen Busse bis zur Behebung nicht eingesetzt. Und obwohl das Problem somit ein Viertel der E-Bus-Flotte der BVG von derzeit 277 Fahrzeugen betrifft, gingen aktuell »die Fachleute nicht davon aus, dass es dadurch zu Einschränkungen für die Fahrgäste kommen wird«, so das Landesunternehmen.

Allzu lange sollen die Busse nach Angaben der BVG auch nicht fehlen, ein Reparaturplan soll »bereits in Abstimmung« mit dem Hersteller Ebusco sein. »Nach heutigem Stand werden die Arbeiten voraussichtlich kurz nach Jahresbeginn starten und noch im ersten Quartal für alle Fahrzeuge abgeschlossen sein.«

Dass es mit den Ebusco-Fahrzeugen womöglich Probleme gibt, war Fahrgästen aufgefallen. Denn auf ihren Linien tauchten statt der gewohnten Stadtbusse immer öfter E-Gelenkbusse des polnischen Herstellers Solaris auf. »Ich habe mich über den zusätzlichen Platz gefreut. Aber einen echten Bedarf für die größeren Busse gab es eigentlich nicht«, berichtet ein regelmäßiger Nutzer »nd«.

Seit dieser Woche sind die wegen Schäden abgestellten Busse von der Straße aus auf einer Fläche des Bus-Betriebshofs Indira-Gandhi-Straße in Hohenschönhausen zu bewundern. Es bleibt zu wünschen, dass Ebusco tatsächlich im ersten Quartal 2026 seiner Verpflichtung zur Reparatur der Busse nachkommt. Denn seit geraumer Zeit schrammt das niederländische Start-up an der Pleite vorbei. War eine Aktie des 2012 gegründeten Unternehmens kurz nach dem Börsengang im Herbst 2021 noch fast 65 Euro wert, liegt der Kurs derzeit bei rund 40 Cent.

»An den betroffenen Bussen wurden bei Routinekontrollen kleine Risse am Fahrzeugrahmen frühzeitig erkannt.«

BVG

Die Meldungen des einstigen Hoffnungsträgers nicht nur der BVG drehen sich bereits seit über einem Jahr vor allem darum, wie stark die Belegschaft reduziert wird und von wem es Kredite im einstelligen Millionenbereich gibt, damit Ebusco überlebt. Derzeit scheint es eine Perspektive zumindest bis Mai 2026 zu geben.

Das Versprechen von Ebusco war vor allem mehr Reichweite durch bessere Software und leichtere Karosserien im Vergleich zu den traditionellen Busherstellern. Für das von der BVG bestellte Modell vom Typ Ebusco 2.2 garantierte der Hersteller 295 Kilometer Fahrleistung mit einer Batterieladung – rund doppelt so viel wie die zuvor beschafften Stadtbusse von Solaris und Mercedes-Benz erreichten. Bei der Vorstellung des ersten gelieferten Busses für Berlin im August 2022 war sogar der damalige Bundesverkehrsminister Volker Wissing (damals FDP) vor Ort.

Die deutlich größere Reichweite der Ebusco-Fahrzeuge rechtfertigte offenbar auch einen deutlich höheren Preis. Rund 638 000 Euro pro Stück kosteten sie laut Unterlagen für den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Die 90 Solaris-Busse der zwei Jahre zuvor abgeschlossenen Lieferung schlugen mit vergleichsweise günstigen etwa 390 000 Euro je Exemplar zu Buche.

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Die ersten 30 Stromer, die je zur Hälfte von Mercedes-Benz und von Solaris kamen, kosteten rechnerisch je etwas über 580 000 Euro. Zum Vergleich: Für einen modernen Dieselbus verlangten die Hersteller etwa 220 000 Euro.

Doch schnell zeigten sich bei der BVG die Fertigungsprobleme. »Fehlender Unterbodenschutz, falsche und schlechte Schweißnähte, Rost und abgebrochene Gewindebohrer sind schon eine erschreckende Bilanz«, zitierte die »Berliner Zeitung« im Januar 2023 aus einer internen Einschätzung von BVG-Technikern zu den weitgehend in China gefertigten Fahrzeugen.

Inzwischen hat Ebusco die eigene Fertigung komplett aufgegeben, alle Arbeiten an den neuen Fahrzeugen werden im Auftrag erledigt. Auch im Schienenfahrzeugbau ist die Auslagerung von Teilen der Produktion inzwischen üblich. Und auch die damit einhergehenden Qualitätsprobleme. Fehlerhafte Schweißnähte sorgten unter anderem in Hannover und München bereits für Probleme bei Neufahrzeugen.

Es ist schon bemerkenswert, wie Ebusco 2022 die Werbetrommel rührte für das Nachfolgemodell 3.0, bei dem die tragende Konstruktion nicht mehr aus Stahl, sondern aus Verbundwerkstoffen auf Glasfaserbasis besteht. Hervorgehoben wurden nicht nur das um ein Viertel reduzierte Gewicht und der damit geringere Energieverbrauch. Der Hersteller versprach auch eine Lebensdauer der Karosserie von 25 Jahren – deutlich mehr als bei Metallkonstruktionen, die irgendwann rosten oder ermüden.

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