Dauerhaft instabile BSW-Fraktion will Ordnung schaffen

Parteigründerin Sahra Wagenknecht geht davon aus, dass die Koalition mit der SPD in Brandenburg Bestand hat

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.
Jouleen Gruhn und André von Ossowski im Landtag
Jouleen Gruhn und André von Ossowski im Landtag

Trotz Dauerkrise in Brandenburgs BSW-Fraktion geht Parteigründerin Sahra Wagenknecht von einer Fortsetzung der Koalition mit der SPD aus. »Ich bedaure den Austritt der beiden Abgeordneten und hoffe, dass die sich daraus ergebenden Probleme gelöst werden«, sagte Wagenknecht der Nachrichtenagentur dpa. »Aber selbstverständlich beendet man keine Koalition wegen fraktionsinterner Konflikte, die in einer so jungen Partei leider nicht unnormal sind.«

In Brandenburg war um zwei Medienstaatsverträge gestritten worden, denen das BSW nicht zustimmen wollte. Der Koalitionspartner SPD und die oppositionelle CDU wollten diese Staatsverträge absegnen, brauchten aber zur Mehrheit im Landtag noch eine Stimme. Die haben sie im November von Finanzminister Robert Crumbach (BSW) erhalten. Damit ist die Sache aber bis heute nicht erledigt. Denn es kam zum Austritt von vier der 14 BSW-Landtagsabgeordneten aus der Partei, wenn auch nicht aus der Fraktion.

Der Landtagsabgeordnete Reinhard Simon stimmte dann anders als angekündigt doch gegen die Medienstaatsverträge und machte seinen Parteiaustritt rückgängig. Auch Melanie Matzies, die während der Abstimmung aus dem Saal gegangen war, ist jüngst wieder in die Partei eingetreten. Zoff gibt es wegen Landtagsvizepräsidentin Jouleen Gruhn und wegen des Abgeordneten André von Ossowski, die dazu zumindest bisher nicht bereit sind.

Die beiden »haben erklärt und demonstriert, dass sie sich in entscheidenden Fragen nicht an die Beschlüsse von Fraktion und Partei halten werden und haben mit scharfer öffentlicher Kritik bewusst dem BSW geschadet«, steht in einer Erklärung von acht BSW-Abgeordneten um Fraktionschef Niels-Olaf Lüders. Es fehlen dabei Finanzminister Crumbach und der Abgeordnete Oliver Skopec sowie Reinhard Simon und Melanie Matzies.

Die Acht fordern Gruhn und von Ossowski auf, »ihre Mandate zurückzugeben, weil sie diese nicht wegen persönlicher Karrierepläne gewonnen haben, sondern wegen der Inhalte, die die Wähler mit dem BSW und Sahra Wagenknecht verbinden«. Sie erklären: »Die BSW-Wähler sollten bekommen, was sie gewählt haben: BSW-Politik.« Sollten die zwei Abtrünnigen dem nicht nachkommen, sollen sie die Fraktion verlassen. »Wir möchten mit ihnen nicht mehr zusammenarbeiten.«

Das Land brauche zügig Klarheit. Ohne eine Trennung von Jouleen Gruhn und André von Ossowski sei die Funktionsfähigkeit der BSW-Fraktion gestört. »Wir wollen Verantwortung für das Land wahrnehmen und klare Verhältnisse in Fraktion, Koalition und Regierung schaffen«, heißt es in der am Freitag veröffentlichten Erklärung. »Das sind alle Beteiligten dem Land schuldig. Ein Koalitionsausschuss zum Beginn des Jahres ist für uns deshalb unumgänglich. Wir wollen Klarheit und Ordnung schaffen.«

»Ich stehe weiter für Gespräche zur Verfügung«, sagte Jouleen Gruhn der Nachrichtenagentur dpa. »Allerdings sehe ich mit großer Sorge, wie seitens des Fraktionsvorstands und der Parteiführung auf Landesebene einseitig eine Eskalation weiter vorangetrieben wird.« Dies bestätige sie in ihrer Kritik, die zum Parteiaustritt geführt habe. Da war von autoritären Tendenzen die Rede gewesen.

Der Abgeordnete André von Ossowski versichert: »Ich stehe 100 Prozent zur Koalition und wünschte mir, meine Fraktionskollegen würden in sich gehen.« Die Agentur dpa zitiert ihn mit den Worten: »Allein der Glaube fehlt, wenn man die unmoralische und unprofessionelle Zuspitzung des Konfliktes durchdenkt.«

Das BSW hatte bei der Landtagswahl im September vergangenen Jahres 13,5 Prozent der Stimmen erhalten. Nach der jüngsten Umfrage steht es gegenwärtig bloß noch bei sieben Prozent. Eine Koalition mit dem BSW war die einzige Möglichkeit der SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke, an der AfD vorbei eine Mehrheit im Parlament zu bekommen.

Es wird seit Wochen gemunkelt, dass der eine oder andere BSW-Politiker zur SPD übertritt und diese dann eine neue Regierung mit der CDU bildet. An Neuwahlen dürfte die SPD kein Interesse haben. Sie hatte die Landtagswahl mit 30,9 Prozent gewonnen, steht in den Umfragen aber nur noch bei 22 Prozent.

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