»Ich habe noch nicht aufgegeben«

ND-Gespräch mit dem vierfachen Skisprung-Weltmeister Martin Schmitt

  • Lesedauer: 3 Min.
Martin Schmitt aus Furtwangen gehörte lange Zeit zu den ganz Großen des Skispringens. Vier Mal flog er zu WM-Gold, landete mit dem Team auf dem Goldpodest bei Olympia 2002 und feierte insgesamt 28 Weltcupsiege sowie drei Gesamtweltcup-Erfolge. Aber inzwischen springt der knapp 30-Jährige der Weltspitze hinterher. Für das Weltcup-Springen am vergangenen Wochenende in Engelberg (Schweiz) flog er sogar aus dem Nationalkader und wurde stattdessen beim zweitklassigen Continentalcup auf der neuen Olympiaschanze in Garmisch-Partenkirchen eingesetzt, wo er das Auftaktspringen gewann. ND sprach vor der am Sonnabend in Oberstdorf mit der Qualifikation beginnenden 56. Vierschanzentournee mit dem Schwalzwäder, der seine 13. Tournee erlebt.

ND: Waren Sie traurig über den Rausschmiss durch Bundestrainer Peter Rohwein?

Martin Schmitt: Überhaupt nicht. Der Bundestrainer hat mich nicht gefeuert, er wollte mich schützen. Ich bin aus Skandinavien mit einer schweren Magen- und Darmgrippe zurückgekommen, hatte hohes Fieber und lag eine ganz Woche im Bett. Nichts ging mehr. Erst seit Dienstag voriger Woche trainiere ich wieder und habe so an die 40 Sprünge in Hinterzarten absolviert. Ich taste mich langsam wieder heran. Ein Weltcupstart in Engelberg wäre zu früh gewesen.

Sie traten aber in Garmisch an. Das ist doch ein Widerspruch?

Nein, das war dort ein Intercontispringen. Das ist nicht so schwer wie der Weltcup. Für mich war das richtig zur Einstimmung auf die Vierschanzentournee. Außerdem fand ich es super, beim ersten Springen auf der neuen Schanze am Start gewesen zu sein. Dass ich gewonnen und mit 135,5 Metern den ersten Schanzenrekord vorgelegt habe, war gut für mein Gemüt.

Wie gefällt Ihnen die neuen Anlage in Garmisch-Partenkirchen?

Die Schanze wird sicher einmal traumhaft. Dort werden die Rekordweiten wie in Oberstdorf um die 140 Meter liegen. Alles, was zum Skispringen notwendig ist, wurde rechtzeitig vor dem Neujahrsspringen der Tournee fertig.

Sie haben seit sechs Jahren kein Weltcup-Springen mehr gewonnen. Kommt da nicht Frust auf?

Ich habe noch nicht aufgegeben. Vielleicht packe ich es doch noch einmal und holen einen Weltcupsieg. Ich kann noch gewinnen, wie Garmisch gezeigt hat. Und mein Ziel bleibt Olympia 2010. Ich lasse mich nicht unterkriegen, zumal mein Sponsor Milka zu mir hält.

Aber tut die ständige Kritik auf die Dauer nicht weh?

Die Kritik, die ja mittlerweile die ganze deutsche Springergarde trifft, verstehe ich, und sie ist berechtigt. Als Fan würde ich auch so reagieren. Aber wir sind keine Faulenzer. Im Sommer haben wir schwer geackert und richtig hart trainiert. Ich denke, im Laufe dieses Winters platzt bei mir und auch den anderen der Knoten. Ob das schon bei der Vierschanzentournee der Fall sein wird, kann ich nicht voraussagen. Vielleicht packen wir es erst bei der Skiflug-WM im Februar in Oberstdorf. Ich werde mich auch noch einmal nach neuem Material umsehen. Im Moment stimmt mein Anstellwinkel nicht hundertprozentig.

Warum gibt es in Deutschland so wenig talentierten Nachwuchs?

Wenn ich das wüsste, würde ich es weitersagen. Es gibt viele Vereine mit guten Trainern und vielen Nachwuchsspringern. Ich weiß nicht, warum keine jungen Leute aus der Masse herausgucken.

Sie werden im Januar 30 Jahre und wohnen bei ihrer Freundin Patricia in Freiburg. Läuten irgendwann die Hochzeitsglocken?

Wir reden öfter über Heirat, aber einen Termin dafür haben wir noch nicht festgelegt.

Gespräch: Günter Berg

Deutsches Aufgebot für die 56. Vierschanzentournee: Martin Schmitt (Furtwangen), Michael Uhrmann (Rastbüchl), Michael Neumayer (Berchtesgaden), Georg Späth (Oberstdorf), Stephan Hocke, Jörg Ritzerfeld (beide Oberhof), nationale Gruppe: Kevin Horlacher (Degenfeld), Felix Schoft (Partenkirchen), Julian Musiol (Zella-Mehlis), Erik Simon (Aue), Severin Freund (Rastbüchl), Andreas Wank (Oberhof).

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