Wahlkampf für Pendler

Kanzlerin hilft CSU mit warmen Worten und lässt sie weiter hängen

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.
Zum Wahlkampfauftakt der CSU in Bayern hat CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel der kleinen Schwesterpartei viel Lobendes ins Stammbuch geschrieben. Nur den größten Wunsch für einen zünftigen Wahlkampf hat sie den Christsozialen am Donnerstagabend wieder nicht erfüllt.

In den kommenden drei Wochen wird in Bayern mächtig gependelt. Denn in dem mit 70 500 Quadratkilometern flächenmäßig größten Bundesland haben die Wahlkämpfer oft große Entfernungen zurückzulegen, um möglichst viele der über 12 Millionen Einwohner mit ihren Botschaften zu erreichen.

Das Pendeln, das auch außerhalb von Wahlkampfzeiten naturgemäß im Freistaat eine große Rolle spielt, ist seit Monaten politischer Zankapfel. Die CSU, die einst der Kürzung der Pendlerpauschale im Bundestag zugestimmt hat, entdeckte im Vorfeld der Landtagswahlen urplötzlich ein Profilierungsfeld – und streitet seither vehement in der Union für eine Rolle rückwärts. Doch schon wie auf dem Nürnberger CSU-Parteitag zeigte sich die Kanzlerin Donnerstagabend wenig kooperativ. Freilich lobte sie die CSU für ihre »kluge Politik«, empfahl sie den Wählern als Garant für künftiges Wohl und umschrieb Bayern als »Exzellenzland«. Aber das erlösende Wort von einer Rückkehr zur Ex-Pendlerpauschale vom ersten Kilometer an blieb Merkel dem CSU-Führungsduo Günther Beckstein und Erwin Huber auch diesmal schuldig – obwohl die beiden um die absolute Mehrheit bangen.

Dabei ist auch für die Kanzlerin nicht unerheblich, wie am 28. September die Wahl im Freistaat ausgeht. Wegen der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung zum Beispiel, die im Mai 2009 über das künftige Staatsoberhaupt entscheidet. Auch ob der Stimmenverteilung im Bundesrat, die es nach dem etwaigen Verlust der CSU-Alleinherrschaft in Bayern Schwarz-Rot in Berlin nicht mehr ganz so leicht macht, Gesetze in der Länderkammer durchzuwinken. Ganz abgesehen davon, dass die Kanzlerin höchstselbst im Herbst 2009 auf das Wohlwollen der CSU-Wähler angewiesen sein könnte, weil der Freistaat ein Fünftel der Unionsstimmen beisteuert.

Merkel blieb eisern – und konnte sich dabei auch anderer CDU-Politiker sicher sein. Nicht nur Hessens Noch-Ministerpräsident Roland Koch hatte in trauter Einigkeit mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) dem CSU-Verlangen eine Absage erteilt. Auch der CDU-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen gab dem bayerischen Amtskollegen einen Korb. Zunächst jedenfalls. Jürgen Rüttgers will die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Pendlerpauschale abwarten. Und die soll am Mittwoch fallen. Dafür, dass die Kanzlerin dann ihre Meinung ändern muss, kann die CSU-Spitze jetzt nur noch beten ...

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