Wer folgt Bisky als Parteichef?

Bodo Ramelow hat die Debatte über die künftige Spitze der LINKEN eröffnet

Petra Pau als Nachfolgerin von Lothar Bisky an der Spitze der Linkspartei – diesen Vorschlag hat Bodo Ramelow, seinerzeit der PDS-Beauftragte für die Linkspartei-Fusion, in Umlauf gebracht. Damit geht die Kandidatenkür früher los als zu vermuten war. Gewählt wird die neue Parteispitze laut Plan erst im kommenden Frühjahr, und man hätte annehmen können, dass die Partei erst einmal den nicht einfachen Bundestagswahlkampf hinter sich bringen will.

Nun aber ist ein Name genannt, und das ist in diesem Fall mehr, als nur eine Person in Stellung zu bringen. Denn ursprünglich, bei der Gründung der Linken im Sommer 2007, lautete die Verabredung, dass bis nach der nächsten Bundestagswahl die Doppelspitze gilt. Dass die Bundestagsfraktion auch weiterhin von Oskar Lafontaine und Gregor Gysi gemeinsam geführt wird, daran zweifelt niemand. Aber an der Spitze der Partei, hieß es vor zwei Jahren, solle dann nur noch Eine/Einer stehen, auch als Zeichen des Zusammenwachsens – und der würde schwerlich jemand anderes sein als Lafontaine.

Unter der Hand war aber schon einige Zeit zu spüren, dass längst nicht alle in der Partei der Meinung waren, mit dem Weggang des langjährigen Vorsitzenden Lothar Bisky nach Brüssel sei die Bahn für Lafontaine uneingeschränkt frei. Ostdeutsche Parteimitglieder wollen den Proporz gern beibehalten; Frauen kämpfen sowieso schon seit Jahren darum, wenigstens einen Spitzenposten der Partei weiblich zu besetzen. Und dass die vor allem aus dem Osten stammenden Reformsozialisten, denen Petra Pau, derzeit Bundestags-Vizepräsidentin, zuzurechnen ist, auch im Clinch mit Lafontaine liegen, ist kein Geheimnis.

Abzuwarten bleibt, wie solche Vorstellungen zum zweifellos vorhandenen Führungsanspruch Lafontaines passen. Er dominiert ja nicht nur die Darstellung der Partei in den Medien, er schlägt auch inhaltlich Pflöcke ein – und er ist einfach der Inbegriff dessen, was man in der Politik Alphatier nennt. Gerade weil das Zusammenwachsen der Linkspartei, ihr personeller Zuwachs, ihr Zuspruch in den laufenden Wahlkämpfen nicht ganz den Vorstellungen der Strategen entsprechen, gibt es genügend Klärungsbedarf, den nicht wenige nur ungern allein der Lufthoheit von Oskar Lafontaine überlassen würden. Lafontaine ist unbestritten der entscheidende Kopf der Linken, aber aus dem Vorschlag Ramelows spricht der Wunsch, ihm weiterhin einen Partner, ein Korrektiv zur Seite – oder gegenüber? – zu stellen. Hinzu kommt, dass die Linkspartei nach der Bundestagswahl endlich mit der Debatte eines Parteiprogramms, mit der Weiterentwicklung der derzeit gültigen programmatischen Eckpunkte beginnen muss. Diese Auseinandersetzung birgt ausreichend Konfliktpotenzial.

All das spielt in den Vorschlag Pau hinein. Mag sein, dass in den nächsten Wochen und Monaten andere Namen für den Parteivorsitz diskutiert werden. Mit dem Vorschlag Ramelows jedenfalls ist die offene Debatte in Gang gesetzt. Nun wird es wohl eher darum gehen, wer die richtige Person ist, als um die Frage, ob die Doppelspitze überhaupt noch gebraucht wird.

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