Glück auf, der Steiger geht?

Nur SPD und LINKE wollen den Bergbau im Saarland erhalten

  • Martin Sommer
  • Lesedauer: 4 Min.
Ein Freitagabend im saarländischen Nalbach-Körprich: Rund 350 Menschen haben sich zu einer Mahnwache versammelt. Eine Mahnwache gegen den Bergbau im Land. Eine Mahnwache aber auch gegen eine mögliche Landesregierung aus SPD und LINKEN. Der Sprecher der Interessengemeinschaft der Bergbau-Betroffenen im Land, Peter Lehnert, erklärt: »Diese Parteien waren und wollen heute noch immer nicht für die Bevölkerung des Saarlandes da sein, die unter dem Bergbau seit Jahrzehnten leidet.«

Der Bergbau hätte das große Thema dieses Wahlkampfes werden können – ist es aber nicht geworden. Der Tag, der alles veränderte, war der 24. Februar 2008. An diesem Samstag bebte die Erde im Kreis Saarlouis mit einer Stärke von 4,0. Verletzt wurde niemand, dafür fielen Ziegel von Dächern, es gab Stromausfälle und vom Turm der St. Blasius-Kirche in Saarwellingen krachten Ornamente. Davor hatte es schon viele Beben gegeben, allerdings weit leichtere. Und danach ging alles ganz schnell: Der Abbau in der Primsmulde wurde untersagt, das endgültige Bergbau-Aus 2012 beschlossen.

Das hat CDU-Ministerpräsident Peter Müller entschieden, dem hat der Kohlekonzern RAG zugestimmt. FDP und Grüne hätten den Bergbau am liebsten schon vorgestern beerdigt, sind aber auch für diese Ausstiegsregelung. Kritik kam nur von SPD und LINKEN, die auch nach 2012 einen Sockelbergbau wollen. Doch groß thematisiert wird das im Wahlkampf nicht mehr. SPD-Landeschef Heiko Maas rudert sogar schon verhalten zurück: Die Entscheidung zum Bergbau-Aus nennt er zwar »verantwortungslos«, einen Ausstieg aus dem Ausstieg hält er inzwischen aber für wenig realistisch. Maas verweist darauf, dass ein Genehmigungsverfahren für neue Abbaufelder im Land vier bis fünf Jahre dauern würde. Und »wenn 2012 Schluss ist, wird man 2015 nicht wieder anfangen können«.

Die LINKE dagegen steht fest zu den Bergleuten: »Die CDU-Landesregierung hat für 100 Millionen Euro den Saar-Bergbau nach Nordrhein-Westfalen verkauft und viele saarländische Bergleute in eine unsichere Zukunft entlassen«, meint Landeschef Rolf Linsler. Dadurch seien jetzt rund 6000 Jobs im Bergbau und in der Zulieferindustrie in Gefahr. Weitere rund 1700 Bergleute müssen an die Ruhr oder nach Ibbenbüren gehen. »Da werden Familien auseinander gerissen oder entwurzelt – vor allem Kinder werden darunter zu leiden haben.« Für die LINKE ist die Kohle ein wichtiger Teil eines gesunden Energiemixes: »Wir wollen keinen Atomstrom und setzen auf erneuerbare Energien. Allerdings können wir derzeit unseren Bedarf an Energie noch nicht mit erneuerbaren Energien decken. Wir brauchen für eine Übergangszeit noch Kohle, damit wir nicht von anderen abhängig sind.« Linsler will deshalb nach einem Regierungswechsel eine Fortführung des Bergbaus unter unbewohntem Gebiet prüfen.

Genau deshalb tun sich die Grünen im Land schwer mit einem rot-rot-grünen Bündnis. Genau deshalb sind die LINKE und ihr Spitzenkandidat Oskar Lafontaine auch bei den Bergbau-Gegnern so verhasst. Peter Lehnert und seine Interessengemeinschaft haben sogar darüber nachgedacht, mit einer eigenen Liste bei der Landtagswahl anzutreten. Doch letztlich haben sie sich dagegen entschieden – sie fühlen sich bei FDP und Grünen gut aufgehoben.

Ministerpräsident Müller dagegen kann nicht mit allzu viel Stimmen aus dem Lager der Kohlegegner rechnen. Immerhin hat er den Bergbau neun Jahre lang weiter laufen lassen, obwohl er einst anderes versprach. Aber »leider hat die CDU in punkto Bergbau den Menschen schon vieles versprochen, aber reichlich wenig davon eingehalten«, meint Manfred Baldauf, der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion. Die FDP lehnt auch den derzeitigen Abbau im Flöz Wahlschied entschieden ab. »Hier haben Gutachten gezeigt, dass der dortige Abbau einen Gemeinschaden zur Folge haben könnte.« In Wahlschied wird seit Oktober letzten Jahre Kohle abgebaut, ein kleiner Ersatz für die RAG für das weit ergiebigere Feld Primsmulde. Am Mittwoch hat das Bergamt den Abbau in einem weiteren Feld erlaubt, in Reisbach Ost.

Der große Erdrutsch in Nachterstedt hat auch im Saarland noch einmal für Debatten gesorgt. Die Bergbau-Gegner halten eine solche Katastrophe auch hier für möglich. Immerhin gebe es an der Saar und im Ruhrgebiet wohl rund 2500 alte Schächte und Mündungslöcher, die noch gar nicht entdeckt und höchst wahrscheinlich nicht gesichert sind. Der Leiter des Bergamts Hans Alois Schmitt sieht das anders: »Derartige Ereignisse können hier nicht eintreten. Die Situation ist nicht vergleichbar«, schließlich werde im Saarland Stein- und keine Braunkohle gefördert und auch das nicht im Tagebau.

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