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Daten häufig falsch erfasst

Studie: Fehler beim Scoring eher Normalität als Ausnahme

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 2 Min.
Gespeicherte Daten können bei Bestellungen oder Kreditverträgen schnell zum Problem werden. Das sogenannte Scoring – die Prüfung der Kreditwürdigkeit eines Verbrauchers mittels statistischer Daten wie Wohnort, Alter, Geschlecht oder Familienstand – ist weit verbreitet. Und zu einem Großteil fehlerhaft, wie eine Studie zeigt, die Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) am Dienstag in Berlin vorstellte.

Die Internetbestellung beim Spielwarenhersteller Playmobil endete für eine Kundin mit der Auskunft, dass eine Zahlung per Rechnung wegen fehlender Kreditwürdigkeit nicht möglich sei. Bei der CEG Creditreform, einer privaten Auskunftei wie der Schufa, hieß es zur Begründung, es seien zwar keine negativen Daten gespeichert, ihr Scoringwert liege aber knapp außerhalb des grünen Bereiches.

Scoring, was ist das? Das konnten laut einer Befragung im Jahr 2007 88 Prozent der Deutschen nicht beantworten. Dennoch beeinflusst es Kreditabschlüsse und Bestellungen, Mietverträge und Kontoeröffnungen. Von Wirtschaftsauskunfteien werden persönliche Daten zusammen mit laufenden Krediten und Schulden gewichtet und an Firmen weitergegeben. Völlig unklar ist, welche Faktoren in die Wertung einfließen und welches Gewicht sie haben.

Da soll das reformierte Bundesdatenschutzgesetz Abhilfe schaffen. Ab April 2010 haben Verbraucher demnach das Recht, eine kostenlose Aufschlüsselung ihrer gespeicherten Daten und wie diese in den Scoringwert eingehen, zu erhalten. Problem dabei: Viele Daten sind fehlerhaft oder komplett falsch. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie unter Leitung von Dr. Dieter Korczak und Michael Wilken, die für das Verbraucherschutzministerium erstellt wurde.

100 Personen forderten dazu eine Selbstauskunft bei Schufa, CEG Creditreform und Arvato an, zusätzlich wurden gespeicherte Daten beim Wirtschaftsdienst Bürgel abgefragt. »Unvertretbar hoch« sei die Fehlerquote, so die Wissenschaftler und kommen zum erschreckenden Schluss: »Sofern überhaupt Scorewerte zur Bonitätsbeurteilung den Verbrauchern übermittelt werden, ist ihr Zustandekommen nicht nachvollziehbar und ihre Aussagekraft äußerst zweifelhaft.«

Bei der Vorstellung der Studie kritisierte Verbraucherschutzministerin Aigner diesen Zustand scharf. Sie forderte die Auskunfteien auf, »die Missstände schnellstens abzustellen«. Bei der Schufa waren laut der Studie 54 Prozent der abgefragten Daten falsch, fehlerhaft, unvollständig oder veraltet. Bei anderen Auskunfteien wurden den Verbrauchern vielfach gar keine Daten mitgeteilt.

Abseits von Fehlern bei der Datenerhebung – die brennende Frage nach dem grundsätzlichen Sinn des sogenannten Geoscorings, also der Beurteilung der Kreditwürdigkeit nach Wohnort und -gebiet, beantwortete die Ministerin nicht. Es reiche aus, dass Geoscoring künftig nicht mehr als einziges Kriterium verwendet werden darf. Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar bescheinigte dem Verfahren dagegen bereits mehrfach eine »diskriminierende Wirkung«.

Im Übrigen würde nach Ansicht von Studienautor Korczak die Erfassung von Einkommen, Ausgaben und Krediten für die Ermittlung der Kreditwürdigkeit vollkommen ausreichen.

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