- Kommentare
- Standpunkt
Schattenspiel
Was macht jemand, der ganz viele Geschenke versprochen hat, für die ihm das Geld fehlt, und der auch nicht als Schuldenreiter dastehen möchte? Er lässt es bleiben. Oder er macht den spendablen Max und verschleiert seine wahre Lage. Union und FDP nehmen offenbar den zweiten Weg. Der Vorwurf an die Liberalen, sie verraten ihre Überzeugungen, da sie in der Opposition gegen Schattenhaushalte wetterten, zeugt von Unkenntnis. Schwarz-Gelb macht da weiter, wo Schwarz-Gelb bis zur Abwahl in den 90ern aufhörte. Theo Waigel war es, der wegen der überhandnehmenden Kosten der falsch angepackten Vereinigung zum Trick der doppelten Buchführung griff.
Die eigentliche Heuchelei liegt woanders: Union und FDP bekennen sich zu einer Haushaltspolitik im Sinne der Schuldenbremse – und praktizieren das Gegenteil. Konsequent wäre es, die unselige Schuldenbremse auf den Müll zu werfen, um Spielraum für steuernde Konjunkturpolitik zu behalten.
Und von noch etwas lenkt die Aufregung über Schattenhaushalte ab: Die Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge, wie auch die Neufinanzierung der Pflegeversicherung, hilft vor allem den Unternehmen, Lohnkosten zu sparen. Statt die Wirtschaft dann wenigstens steuerlich stärker zur Kasse zu bitten, soll sie in diesem Bereich weiter entlastet werden. Eine solche Politik kann weder finanzpolitisch noch vom Gesichtspunkt der Gerechtigkeit aufgehen. Auch das schwarz-gelbe Schattenspiel kann dies nicht übertünchen.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.